Militärbündnis

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Ein Militärbündnis (früher auch Beistandspakt) ist ein zwischen verschiedenen Staaten geschlossenes Bündnis mit dem Zweck, militärisch zu kooperieren. Wenn es ein Eingreifen zu Gunsten des von einem anderen Staat angegriffenen Partners einschließt, jedoch bei offensiven Kriegshandlungen nicht zur Verpflichtung wird, nennt man es auch Verteidigungsbündnis, Defensivbündnis, umgangssprachlich und zu Propagandazwecken auch Waffenbrüderschaft (veraltet auch Schutz- und Trutzbündnis).

Größtes Militärbündnis der Welt ist die NATO (Northern Atlantic Treaty Organisation – Nordatlantisches Verteidigungsbündnis). Ihr Sitz befindet sich in Brüssel, die militärischen Hauptquartiere sind das SHAPE (Supreme Headquarters, Allied Powers in Europe) in Belgien und ACT (Allied Command Transformation) in Norfolk, Virginia, USA.

Bestehende Militärbündnisse

NATO

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North Atlantic Treaty Organization (NATO)
Organisation du traité de l’Atlantique Nord (OTAN)

Flagge der NATO
Flagge der NATO
Situation im Jahr 2009
Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen
(seit 2009)
SACEUR (Supreme Allied Commander Europe) US-General Philip M. Breedlove (seit 13. Mai 2013)
SACT (Supreme Allied Commander Transformation) General (FRA) Jean-Paul Paloméros (seit September 2012)
Gründung 4. April 1949
Mitgliedstaaten Gründungsmitglieder:
BelgienBelgien Belgien
DanemarkDänemark Dänemark
FrankreichFrankreich Frankreich
IslandIsland Island
ItalienItalien Italien
KanadaKanada Kanada
LuxemburgLuxemburg Luxemburg
NiederlandeNiederlande Niederlande
NorwegenNorwegen Norwegen
PortugalPortugal Portugal
Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich
Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Vereinigte Staaten

Seit dem 18. Februar 1952:

GriechenlandGriechenland Griechenland
TurkeiTürkei Türkei

Seit dem 6. Mai 1955:

DeutschlandDeutschland Bundesrepublik Deutschland[1]

Seit dem 30. Mai 1982:

SpanienSpanien Spanien

Seit dem 12. März 1999:

PolenPolen Polen
TschechienTschechien Tschechien
UngarnUngarn Ungarn

Seit dem 29. März 2004:

BulgarienBulgarien Bulgarien
EstlandEstland Estland
LettlandLettland Lettland
LitauenLitauen Litauen
RumänienRumänien Rumänien
SlowakeiSlowakei Slowakei
SlowenienSlowenien Slowenien

Seit dem 1. April 2009:

AlbanienAlbanien Albanien
KroatienKroatien Kroatien

Insgesamt 28

Hauptquartier Brüssel (Belgien)
Website www.nato.int

Die NATO (englisch North Atlantic Treaty Organization „Organisation des Nordatlantikvertrags“ bzw. Nordatlantikpakt-Organisation; im Deutschen häufig als Atlantisches Bündnis bezeichnet) oder OTAN (französisch Organisation du Traité de l’Atlantique Nord) ist eine Internationale Organisation, die den Nordatlantikvertrag, ein militärisches Bündnis von 28 europäischen und nordamerikanischen Staaten, umsetzt.[2] Das NATO-Hauptquartier beherbergt mit dem Nordatlantikrat das Hauptorgan der NATO; diese Institution hat seit 1967 ihren Sitz in Brüssel. Nach der Unterzeichnung des Nordatlantikpakts am 4. April 1949 – zunächst auf 20 Jahre – war das Hauptquartier zunächst von 1949 bis April 1952 in Washington, D.C., anschließend war der Sitz vom 16. April 1952 bis 1967 in Paris eingerichtet worden

 

Geschichte und Entwicklung

Vorgeschichte

Bald nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs traten die Gegensätze zwischen den ehemaligen Teilnehmermächten der Anti-Hitler-Koalition – der UdSSR auf der einen und den westlichen Siegermächten Vereinigtes Königreich, Frankreich und USA auf der anderen Seite – klar zu Tage. Bereits mit dem Brüsseler Vertrag vom 17. März 1948 schlossen sich die westeuropäischen Länder Frankreich, das Vereinigte Königreich, die Niederlande, Belgien und Luxemburg zu einem Bündnis für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Zusammenarbeit sowie zur kollektiven Selbstverteidigung zusammen. Dieses Bündnis war ursprünglich noch als Versicherung gegen eine eventuelle erneute deutsche Aggression vorgesehen. Mit der Berlin-Blockade und dem Februarumsturz in der Tschechoslowakei 1948 rückte eine mögliche kommunistische Bedrohung durch den von der Sowjetunion angeführten Ostblock ins Blickfeld.

In der weiteren Entwicklung kam es, statt zu einer einseitigen Garantie der Vereinigten Staaten von Amerika für die europäischen Verbündeten aus dem Zweiten Weltkrieg, zu einem wechselseitigen Abkommen, dem Nordatlantikvertrag. Die Beratungen über den Vertragstext und Inhalt führten die Delegierten seit dem 6. Juli 1948, am 4. April 1949 wurde er durch die Gründungsmitglieder unterzeichnet und trat am 24. August desselben Jahres in Kraft.

Entwicklung von 1949 bis 1984

 
Entwicklung der NATO
 
Truppenstärke der NATO-Mitgliedstaaten mit Kontingenten aus den USA und Kanada und der Staaten des Warschauer Paktes in Europa 1959
 
Truppenstärke der NATO-Mitgliedstaaten mit Kontingenten aus den USA und Kanada und der Staaten des Warschauer Paktes in Europa 1973
 
Häufige Militärübungen in der Bundesrepublik sollten die Verteidigungsfähigkeit der NATO sicherstellen, Aufnahme vom Manöver REFORGER 1982
 
Korps-Sektoren militärischer Verantwortung im Zentralgebiet der NATO 1984

 

In den ersten Jahren stand die Gemeinschaft unter dem Eindruck der Berlin-Blockade 1948/49 und der Zündung der ersten sowjetischen Atombombe am 29. August 1949. Zudem brach Mitte 1950 der Korea-Krieg aus, in den im November auch die Volksrepublik China eingriff. Als Grundsatz galt in dieser Zeit die Abwehr eines sowjetischen Angriffs möglichst weit im Osten. Hierzu verabschiedete der Nordatlantikrat am 6. Januar 1950 das erste Strategische Konzept zur Verteidigung des Nordatlantikraums (DC 6/1). Am 28. März 1950 wurde die erste Verteidigungsplanung zur NATO-Strategie vom NATO-Militärausschuss (Strategic Guidance for North Atlantic Regional Planning; MC 14) genehmigt. Mit dem Ausbruch des Koreakriegs im Juni 1950 änderte sich auch die Militärpolitik in Europa. Die europäischen NATO-Staaten sahen Befürchtungen, dass die USA die Präsenz- und Handlungsfähigkeit in Europa einbüßen könnten und planten eine umfassende Erhöhung der Verteidigungsausgaben sowie eine Aufstockung des Personals bei den Streitkräften bis 1954. Beides konnte allerdings aus Kostengründen nicht vollständig umgesetzt werden, obwohl umfangreiche Militärhilfe aus den USA geleistet wurde. Die USA verdreifachten ab August 1950 auch ihre in Großbritannien stationierten Bomberverbände.

Am 7. Februar 1951 billigte die US-Regierung den Pleven-Plan zur Aufstellung einer europäischen Armee. Auf der vom 10. bis 14. September 1951 tagenden Außenministerkonferenz der USA, Frankreichs und dem Vereinigten Königreich in Washington wurde die Aufstellung westdeutscher Streitkräfte geplant, die in eine europäische Armee eingegliedert werden sollte. Am 26. Mai 1952 erfolgte die Unterzeichnung des Vertrages über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG), der am 30. August 1954 scheiterte, da die französische Nationalversammlung dem EVG-Vertrag nicht zustimmte.

Am 9. Dezember 1952 wurde die neue NATO-Strategie der Vorneverteidigung (Vorwärtsverteidigung) (MC 14/1) beschlossen.

Am 16. März 1955 kündigte US-Präsident Dwight D. Eisenhower für den Kriegsfall den Einsatz taktischer Nuklearwaffen gegen militärische Ziele an.

Durch die Unterzeichnung der Pariser Verträge am 23. Oktober 1954 im Zuge der Westintegration der Bundesrepublik Deutschland wurde diese zum Beitritt eingeladen, der kurz nach Inkrafttreten der Verträge in einer Beitrittszeremonie im Pariser Palais de Chaillot am 9. Mai 1955 feierlich vollzogen wurde.[4] Am 14. Mai 1955 wurde wegen dieses NATO-Beitritts der Warschauer Pakt gegründet. Am 15. Mai 1955 wurde der Österreichische Staatsvertrag in Wien unterzeichnet, der die Souveränität des Staates wiederherstellte und bis Oktober 1955 zum Abzug der Besatzungstruppen führte.

Am 13. März 1957 gab das US-Hauptquartier in der Bundesrepublik bekannt, die US-Streitkräfte mit Nuklearbewaffnung auszurüsten. Der polnische Außenminister Adam Rapacki unterbreitete den Rapacki-Plan, der die Errichtung einer atomwaffenfreien Zone in Mitteleuropa vorsah.

Am 23. Mai 1957 beschloss der Nordatlantikrat die Strategie der Massiven Vergeltung, Massive Retaliation (MC 14/2).

Am 19. September 1958 wurden die ersten US-Mittelstreckenraketen vom Typ Thor in Großbritannien aufgestellt und unterlagen nach ihrer Einsatzbereitschaft der Befehlsgewalt der Royal Air Force (RAF). Am 10. November 1958 verkündete Nikita Chruschtschow das Berlin-Ultimatum mit der Forderung der Umwandlung West-Berlins in eine entmilitarisierte „selbstständige politische Einheit“. Am 31. Oktober 1959 stimmte die Türkei der Aufstellung von US-Mittelstreckenraketen vom Typ Jupiter zu. Insgesamt wurde bis 1960 eine US-amerikanische Staffel mit 26 Raketen aufgestellt. Die USA stationierten außerdem bis 1960 zwei Jupiter-Staffeln mit 25 Raketen in Italien.

Am 21. April 1960 boten die USA den NATO-Mitgliedstaaten die Lieferung von seegestützten Polaris-Raketen (SLBM) an. Der NATO-Oberbefehlshaber General Lauris Norstad schlug am 12. Oktober 1960 die NATO offiziell als vierte Atommacht vor. Die USA starteten am 30. Januar 1961 erstmals eine Interkontinentalrakete (ICBM) vom Typ Minuteman aus einem verbunkerten Silo. Am 10. Mai 1961 betonte US-Präsident John F. Kennedy vor dem NATO-Militärausschuss die Verstärkung der konventionellen Kampfkraft und die Notwendigkeit der Kontrolle nuklearer Waffen. Am 20. Juli 1962 trat der NATO-Oberbefehlshaber General Norstad wegen Differenzen über die künftige NATO-Strategie zurück. Sein Nachfolger wurde General Lyman L. Lemnitzer. Mit der Stationierung von sowjetischen Mittelstreckenraketen vom Typ R-12 (SS-4 Sandal) auf Kuba kam es im Oktober 1962 zur Kubakrise. Niemals zuvor war ein Atomkrieg so wahrscheinlich wie zu diesem Zeitpunkt.

Bei den Wahlen im Dezember 1965 wurde in Frankreich Präsident Charles de Gaulle in seinem Amt bestätigt und begann mit einer Änderung seiner Verteidigungspolitik. Mit der ersten französischen Atomexplosion am 13. Februar 1960 in Reggane in Algerien war das Land in den Kreis der Nuklearmächte getreten und baute mit der Force de frappe seine eigene Atomstreitkraft auf. Mit gestärktem Selbstbewusstsein erinnerte sich Frankreich auch der zum Teil demütigenden Behandlung durch die Alliierten während des Zweiten Weltkriegs. De Gaulle lehnte eine dauernde Dominanz der USA in der NATO ab und verlangte die Unterstellung der in Frankreich stationierten US-amerikanischen und kanadischen Einheiten unter französisches Kommando. Nachdem die USA ihre Zustimmung verweigert hatten, forderte der französische Präsident im Februar 1966 den Abzug der alliierten Truppen und der NATO-Hauptquartiere mit der Begründung, „Frankreich strebe jetzt die volle Ausübung seiner Souveränität an, die durch die Stationierung fremder Streitkräfte auf seinem Boden nicht gewährleistet sei“, und erklärte gleichzeitig den Rückzug seiner Truppen aus der militärischen Integration der NATO. Am 1. Juli 1966 zogen sich die Vertreter Frankreichs aus den militärischen Organen der NATO zurück. 30.000 NATO-Soldaten mussten Frankreich verlassen, das Militärhauptquartier SHAPE wurde nach Mons in Belgien, das EUCOM nach Stuttgart und AFCENT nach Brunssum in die Niederlande verlegt. Am 16. Oktober 1966 verabschiedeten die Mitglieder des NATO-Rats auf Druck der USA einstimmig auch die Verlegung ihres obersten politischen Organs nach Brüssel. Diese hatte de Gaulle nicht gefordert. 1966 scheiterte die Bildung einer Multilateral Force.

Bis in die 1960er Jahre hinein war das westliche Bündnis seinem Kontrahenten klar überlegen, was atomare Sprengköpfe und Trägermittel anbelangt. Offiziell galt die Strategie der massiven Vergeltung: Als Antwort auch auf einen konventionellen Angriff sah die NATO den sofortigen und umfassenden Einsatz von Kernwaffen gegen die UdSSR und den Warschauer Pakt vor. Allerdings änderte der starke Ausbau des sowjetischen nuklearstrategischen Potentials seit Anfang der 1960er die Lage. Die allmählich entstandene Pattsituation zwischen den Supermächten zwang die NATO, ihre Strategie zu überdenken. Im Dezember 1966 wurde die Nukleare Planungsgruppe (NPG) für die Rolle der Atomwaffen im Bündnis gegründet.

Zwei-Pfeiler-Doktrin

Aufgrund des 1967 veröffentlichten Harmel-Berichts im Nordatlantikrat wurde auf der NATO-Ministerratstagung in Brüssel am 14. Dezember 1967 die Strategie der abgestuften Reaktion (Flexible Response) bestätigt und für die NATO übernommen. Auch zur Verringerung nuklearer Risiken galt nicht mehr die Strategie der massiven Vergeltung, sondern die NATO setzte mit der „Zwei-Pfeiler-Doktrin“ den Fokus einerseits auf militärische Sicherheit durch konventionelle Streitkräfte und die neu entwickelten taktischen Nuklearwaffen und andererseits auf die Entspannungspolitik. In den Folgejahren baute die NATO ein neues Selbstverständnis auf: Die Triade von konventionellen, taktisch-nuklearen und strategisch-nuklearen Potentialen und das Motto Sicherheit = Verteidigung und Entspannung führte zu neuen Ansätzen zwischen NATO und Warschauer Pakt.

Auf der NATO-Ministerratstagung am 24. und 25. Juni 1968 in Reykjavík in Island erfolgte die Erklärung über beiderseitige und ausgewogene Truppenverminderung, das sogenannte „Signal von Reykjavík“. Am 21. August 1968 erfolgte der Einmarsch von Truppen des Warschauer Pakts in die Tschechoslowakei und beendete den Prager Frühling. Am 12. November 1968 verkündete der sowjetische Staats- und Parteichef Leonid Breschnew die Breschnew-Doktrin über die begrenzte Souveränität sozialistischer Staaten.

1969 wurde auf Initiative Richard Nixons versucht, vermehrt ein drittes, zivileres Standbein der NATO aufzubauen.[5] Manlio Giovanni Brosio plante, die NATO zum Marktplatz der Ideen und Vorschläge zu erweitern. Sie sollte zu der Verteidigung gegen Umweltgefahren und zur Verbesserung der Umweltbedingungen, vom Städtebau bis zur Umweltverschmutzung beitragen. Nixons Beauftragter, der spätere UN-Botschafter Daniel Patrick Moynihan[5] nannte insbesondere Saurer Regen wie den (damalige Übersetzung des Treibhauseffekts) „Gewächshauseffekt“[5] als Themen für das Gremium. Die NATO galt wegen der vorhandenen Expertise im meteorologischen Bereich (zu Themen der Luftreinhaltung gab es bereits Anfang der 1960er Jahre Initiativen in der Organisation) wie der Erfahrung mit grenzüberschreitender Forschung und dem direkten Regierungszugang als geeignet. Der Vorschlag wurde in Deutschland von der Regierung Kiesinger anfangs begeistert aufgenommen und intensiv interministeriell bearbeitet, die Ergebnisse aber vor allem zivilgesellschaftlich verwendet. Die Bundesregierung verhielt sich abwartend, u. a. weil Umweltthemen eher als Bestandteil der (zivilen) Innenpolitik gesehen wurden und die Initiative als Versuch der USA gesehen wurde, nach dem verlorenen Vietnamkrieg wieder eine internationale Führungsrolle auszubauen. Die Behandlung innerhalb eines Militärbündnisses würde der internationalen zivilen Zusammenarbeit eher schaden.[5]

1970 betrugen die Verteidigungsausgaben der NATO-Mitgliedstaaten ohne die USA und Kanada 24,53 Milliarden US-Dollar. Am 20. März 1970 startete von der Cape Canaveral Air Force Station in den USA der erste NATO-Nachrichtensatellit NATO 1. Von April 1976 bis November 1984 wurden vier weitere Kommunikationssatelliten der NATO (NATO III A bis D) gestartet.

Am 1. Oktober 1970 tagte erstmals die Euro-Group, die europäische Gruppe von NATO-Mitgliedsstaaten in Brüssel und berieten über den Lastenausgleich für die US-Stationierungen in Europa. Am 2. Dezember 1970 verabschiedete die Euro-Group ein „Programm zur Verbesserung der Verteidigung“ bis 1975 und Kosten im Umfang von 420 Millionen US-Dollar, wobei die BR Deutschland rund 40 % übernahm.

Im Sommer 1971 wurde mit NADGE (NATO Air Defence Ground Environment) erstmals das bodengestützte Luftverteidigungsnetzwerk der NATO mit einer rund 5.000 km langen Radarkette vom Nordkap und Island bis Malta und in die Osttürkei und rund 40 Radarstationen mit Erfolg erprobt.

Vom 14. bis 28. September 1972 führte die NATO mit Beteiligung der Allied Command Europe Mobile Force ihr bisher größtes Manöver im Nordatlantik durch. Mit der Übung Strong Express reagierte das Bündnis auf die Ozean-Manöver des Warschauer Paktes und des Schild-Manövers in der Tschechoslowakei. Vom 22. Januar bis 8. Februar 1973 fand das Seemanöver Sunny Seas 73 im Südostabschnitt des Nordatlantiks statt. Am 2. Mai 1973 wurde die Gründung einer multinationalen Ärmelkanal-Flotte bekannt gegeben.

Am 23. April 1973 verkündete der Nationale Sicherheitsberater des US-Präsidenten, Henry Kissinger, den Vorschlag, eine neue Atlantik-Charta auszuarbeiten, die auch Japan mit einbeziehen sollte. Dieser Vorschlag wurde aber von den anderen NATO-Mitgliedstaaten abgelehnt.

Am 3. Juli 1973 fand in Helsinki die erste Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) statt.

Am 14. August 1974 erfolgte der Austritt Griechenlands aus der militärischen Integration der NATO, nachdem türkische Truppen ab 20. Juli auf Zypern gelandet waren (Zypern-Konflikt).[6]

Am 1. August 1975 wurde die KSZE-Schlussakte unterzeichnet, die einen ersten echten Schritt zu partnerschaftlicher und friedlicher Zusammenarbeit in Europa darstellte. Am 1. Juni 1976 kündigte der französische Staatspräsident Valéry Giscard d’Estaing die frühzeitige Beteiligung Frankreichs an der Vorneverteidigung der NATO im Verteidigungsfall an.

Ende 1976 erhielt die NATO Kenntnis von der Aufstellung von sowjetischen SS-20 Mittelstreckenraketen westlich des Ural-Gebirges.

Im Oktober 1977 vereinbarten die NATO-Außenminister in Bari (Italien) die Bildung der High-Level Group (HLG), die der Nuklearen Planungsgruppe (NPG) unterstellt war. Ihr gehörten Vertreter aus zwölf NATO-Staaten an. Die HLG erarbeitete die Grundlagen für den NATO-Doppelbeschluss.

Am 4. Oktober 1977 begann das KSZE-Folgetreffen in Belgrad (Jugoslawien). Am 28. Oktober 1977 hielt Bundeskanzler Helmut Schmidt vor dem Internationalen Institut für Strategische Studien in London eine Rede und betonte die wachsende Disparität im Bereich der Mittelstreckenraketen bei gleichzeitiger nuklear-strategischer Parität zwischen den Supermächten.

Die Nukleare Planungsgruppe (NPG) der NATO diskutierte am 18. und 19. Oktober 1978 über Fragen der Abschreckungskapazität gegenüber den Nuklearkräften des Warschauer Pakts in Europa und empfahl die Modernisierung der NATO-Mittelstreckenraketen.

Der NATO-Doppelbeschluss aus dem Jahre 1979 ist bis heute umstritten, denn die Nachrüstung von Mittelstreckenraketen in Europa und das gleichzeitige Verhandlungsangebot an die UdSSR führten nicht sofort zur erhofften Entspannung. Der Doppelbeschluss wurde von Friedensaktivisten in ganz Europa während ihrer Ostermärsche scharf kritisiert. Ob diese erneute Verschärfung des Wettrüstens den Zusammenbruch des Ostblocks mit verursacht hat oder ob diese Länder ohnehin vor dem wirtschaftlichen Kollaps standen, ist bis heute sehr umstritten.

Am 10. August 1981 wurden die Botschafter der NATO-Mitgliedstaaten in Brüssel vom Entschluss des US-Präsidenten Ronald Reagan informiert, dass die „Neutronenkernwaffe“ gebaut und in den USA stationiert werde. In den USA wurden seit 1974 etwa 800 Neutronensprengsätze gefertigt und bis 1992 wieder verschrottet.

Im Mai 1981 erteilte der Nordatlantikrat (NAC) der High-Level Group (HLG) der Nuklearen Planungsgruppe (NPG) den Auftrag, die Bedrohung der NATO zu analysieren und die Verhandlungen über die Mittelstreckensysteme (Intermediate Range Nuclear Forces) in Genf vorzubereiten.

Am 30. November 1981 begannen die INF-Verhandlungen zwischen den USA und der Sowjetunion über nukleare Mittelstreckensysteme.

1982 wurde Spanien das 16. Mitglied der NATO.

Nach Angaben des deutschen Bundesministeriums für Verteidigung verfügte die Sowjetunion im September 1983 über 39 Stellungen mit 351 einsatzbereiten SS-20-Raketen mit maximal 1.053 nuklearen Gefechtsköpfen, von denen 243 Raketen in den westlichen sowjetischen Militärbezirken Weißrussland, Karpaten und Ural aufgestellt waren. Zudem waren 1983 noch 248 SS-4-Sandel- und SS-5-Skean-Raketen stationiert. Diverse Raketenabwehrsysteme auf Seiten der USA und der Sowjetunion wurden nicht berücksichtigt.

Ab dem 2. November 1983 führte die NATO mit Able Archer 83 ein europaweites, zehntägiges Manöver durch, das einen Atomkrieg simulierte.

Ab 14. November 1983 begann die Stationierung von US-amerikanischen Mittelstreckenraketen in Europa. Am 8. Dezember 1983 folgte der Abbruch der INF-Verhandlungen in Genf durch die Sowjetunion.

 

Entwicklung von 1985 bis 1990

Durch den Wandel der sowjetischen Außenpolitik unter KPdSU-Generalsekretär Michail Sergejewitsch Gorbatschow und den eingeleiteten Reformen (Glasnost und Perestroika) gab es kontroverse Diskussionen innerhalb der NATO-Staaten, wie auf diese Politik reagiert werden soll.

Am 2. Februar 1989 wurden die MBFR-Verhandlungen nach fast 16 Jahren erfolglos abgebrochen und durch die am 9. März 1989 begonnenen Verhandlungen zu einem Vertrag über Konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE) ersetzt. Im Mai 1989 wurde ein NATO-Kommunique zur Modernisierung der nuklearen Kurzstreckenraketen (SRBM) von der weiteren Entwicklung innerhalb des Warschauer Paktes abhängig gemacht.

Am 12. September 1990 wurde der Zwei-plus-Vier-Vertrag, ein Staatsvertrag in Bezug auf Deutschland von Vertretern beider deutscher Staaten und der Alliierten unterzeichnet und ebnete den Weg zur Wiedervereinigung Deutschlands und der Auflösung der Deutschen Demokratischen Republik. Die in der ehemaligen DDR stationierten sowjetischen, später russischen Soldaten der Westgruppe der Truppen (WGT) von 340.000 Mann wurden bis 1994 abgezogen.

Entwicklung von 1991 bis 1999

Mit den friedlichen „Volksrevolutionen“ auf dem Gebiet des Warschauer Pakts entfiel die Hauptbedrohung für die NATO-Staaten und die Bündnispartner gerieten unter erheblichen Anpassungsdruck. In der darauf folgenden Übergangszeit entstanden neue Ideen und Strukturen. Die NATO sollte künftig weiterhin eine wichtige Funktion im Rahmen der euro-atlantischen Sicherheitsordnung und als transatlantisches Bindeglied fungieren. Darüber hinaus kamen neue Aufgaben nach der Auflösung des Warschauer Paktes dazu. So sollte die NATO ein Instrument des Krisenmanagements sein, weiterhin ein Verifikations- und Durchsetzungsinstrument der Rüstungskontrolle und ein intaktes Militärbündnis für friedenserhaltende Maßnahmen der Vereinten Nationen sowie der OSZE. Auf dem NATO-Gipfeltreffen in Rom am 8. November 1991 wurde eine neue Strategie des Bündnisses beschlossen. Sie setzte auf die Triade von Dialog, Kooperation und Erhaltung der Verteidigungsfähigkeit und löste die Konzeption der „Flexible Response“ ab.

Im Dezember 1991 konstituierte sich der NATO-Kooperationsrat (NAKR) zur Aufrechterhaltung der Stabilität des Bündnisses.

Zu den „neuen Ideen“ zählt auch die 1992 vereinbarte Bereitschaft der NATO zu den „Out-of-Area“-Einsätzen. Nach Ermächtigung durch den UN-Sicherheitsrat oder der OSZE sind nun auch Einsätze außerhalb des NATO-Territoriums möglich. Die Folge dieses Beschlusses waren die aktiven Kriegseinsätze der NATO mit den Luftangriffen gegen Jugoslawien während des Kosovokrieges. Dieser Vorgang wird kritisiert, denn weder wurde ein Mitgliedstaat der NATO angegriffen noch gab es eine Ermächtigung des UN-Sicherheitsrates.

Im Januar 1994 wurde in Brüssel mit interessierten mittel- und osteuropäischen Staaten des NAKR eine Zusammenarbeit in militärischen und sicherheitspolitischen Fragen vereinbart und damit auch eine Beitrittsperspektive eröffnet. Mit dem Programm Partnerschaft für den Frieden (PfP) gab es eine enge Verbindung, so wurden neben gemeinsamen Manövern auch im Rahmen des Einsatzes der Peace Implementation Forces (IFOR) und der Stabilisation Force (SFOR) erstmals ein gemeinsamer Militäreinsatz mit den ehemaligen Mitgliedstaaten des Warschauer Paktes in Jugoslawien durchgeführt.

Am 1. Januar 1995 wurden die in Ostdeutschland stationierten Einheiten der Bundeswehr (zu dem Zeitpunkt rund 50.000 Soldaten) in die Bündnisstruktur der NATO integriert.

Ende der 1990er Jahre führte die NATO einen weiteren Umbau durch, mit dem Ziel einer schnellen Eingriffsfähigkeit in Krisengebieten, größerer Flexibilität und der Abkehr vom bipolaren Bedrohungsdenken in Verbindung mit einer Korrektur in den Führungsebenen und den institutionellen Aufbauten.

Auf der NATO-Ratskonferenz in Berlin im Juni 1996 wurde das Combined Joint Task Force (CJTF)-Konzept verabschiedet. Dies sieht multinationale (combined), je nach Aufgabe speziell zusammengefügte Einheiten (Task Forces) verschiedener, für den gemeinsamen Einsatz koordinierter Waffengattungen (joint) vor und soll den NATO-Mitgliedstaaten in Europa auch ohne die USA befähigen Material und Logistik des Bündnisses zu nutzen und auch außerhalb des NATO-Gebietes militärische Operationen durchführen zu können.

Der bisherige NATO-Kooperationsrat wurde auf Initiative der USA auf dem NATO-Treffen am 30. Mai 1997 in Sintra (Portugal) zudem in den Euro-Atlantischen Partnerschaftsrat (EAPR) umgewandelt. Der EAPR sieht jährliche Treffen auf Ministerebene und monatliche regelmäßige Treffen auf Botschafterebene mit nachgeordneten Ausschüssen vor.

Im Mai 1997 wurde in Paris die Grundakte über gegenseitige Beziehungen, Zusammenarbeit und Sicherheit zwischen der NATO und der Russischen Föderation vereinbart, die eine Beendigung der Gegnerschaft von NATO und Russland vorsieht und eine Voraussetzung für die NATO-Osterweiterung war. Intern wurde beschlossen, die NATO von einer militärischen zu einer meist politischen Organisation umzuwandeln. Hierzu kam auch der NATO-Russland-Rat (NRR) als Koordinationsforum dazu.

Auf dem NATO-Gipfel in Madrid 1997 am 8. und 9. Juli 1997 wurde den Staaten Polen, Ungarn und Tschechien ein NATO-Beitritt angeboten und mit der Ukraine eine NATO-Ukraine-Charta über eine besondere Partnerschaft vereinbart.

Am 10. Juli 1998 einigten sich die beiden NATO-Staaten Vereinigtes Königreich und Spanien darauf, die Nutzung von Gibraltar in NATO-Manövern mit einzubeziehen. Bisher hatte Spanien dies verweigert. Mit der Einigung wurde der Weg frei für die Einrichtung eines von der spanischen Regierung geforderten NATO-Kommandos in Spanien, nachdem das Vereinigte Königreich sein angedrohtes Veto zurückgezogen hat.

Am 24. März 1999 begann die NATO im Zuge des Kosovokrieges mit Luftangriffen gegen Belgrad. Die im Wesentlichen von den Vereinigten Staaten geführte Operation Allied Force war der erste Krieg, den die NATO sowohl außerhalb eines Bündnisfalls, dessen Ausrufung bis dahin als Grundlage eines NATO-weiten Vorgehens galt, als auch ohne ausdrückliches UN-Mandat führte.

Auf dem Jubiläumsgipfeltreffen der NATO in Washington am 24. April 1999 hat die NATO ein neues Strategisches Konzept (The Alliance’s Strategic Concept) verabschiedet. Es ist im Ergebnis eine Revision des Strategischen Konzepts von 1991.

Entwicklung seit 2000

Terroranschläge in den USA am 11. September 2001

 
UA 175 fliegt in den Südturm des World Trade Centers in New York. Die Terroranschläge in den USA führten erstmals zur Ausrufung des NATO-Bündnisfalls

 

Unmittelbar nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 in den USA setzte die NATO erstmals in ihrer Geschichte den Bündnisfall (Kollektiver Verteidigungsfall)[7] nach Artikel 5 des NATO-Vertrages, auch Washingtoner Verträge genannt, vorläufig in Kraft, am 1. Oktober 2001 vollständig. Artikel 5 sieht in Absprache mit den Regierungen der NATO-Mitgliedstaaten die Wiederherstellung und Wahrung der Sicherheit des nordatlantischen Gebietes vor und ein bewaffneter Angriff auf einen Bündnispartner, in diesem Fall die USA, wird als Angriff gegen jeden der Bündnispartner gesehen.

Am 4. Oktober 2001 vereinbarten die NATO-Staaten eine Reihe von Maßnahmen, um die USA in ihrem Kampf gegen den internationalen Terrorismus zu unterstützen. Dazu gehörte der Austausch nachrichtendienstlicher Informationen, uneingeschränkte Überflugrechte und Zugang zu Häfen und Flugplätzen im Beitrittsgebiet durch die US-Streitkräfte und die Entsendung eines ständigen Flottenverbandes der NATO in das östliche Mittelmeer (Operation Active Endeavour). Obwohl die Mitglieder in dem Angriff auf das World Trade Center noch einen bewaffneten Angriff sehen, der den Bündnisfall nach Artikel 5 auslöste, kam es hinsichtlich der zu ziehenden Konsequenzen bei den Regierungen der NATO-Mitgliedstaaten zu teilweise völlig unterschiedlichen Einschätzungen.

Der gestiegenen Gefahr durch den internationalen Terrorismus seit dem 11. September 2001 hat die NATO bisher noch wenig entgegenzusetzen. Traditionell versteht sich die Organisation als ein Bündnis von Staaten gegen die Angriffe von anderen Staaten. Damit wird es schwierig, diesen Terrorangriff – der von wenigen extremistischen Personen, die ohne offizielle Kriegserklärung eines angreifenden Landes tätig werden – einzuordnen.

ISAF-Einsatz in Afghanistan

 
Führungsnationen der Wiederaufbauteams (PRT) und Regional Commands (2006)

 

Die Internationale Sicherheitsunterstützungstruppe, kurz ISAF (von engl. International Security Assistance Force), ist seit 2001 eine Sicherheits- und Aufbaumission in Afghanistan, die zunächst von einer Gruppe von Staaten, darunter neben Deutschland auch das Vereinigte Königreich, Kanada, Türkei u.a.m. unterstützt und geführt wurde. Seit 2003 steht ISAF unter Führung der NATO. Die Aufstellung erfolgte auf Ersuchen der neuen afghanischen Regierung an die internationale Gemeinschaft und mit Genehmigung durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (Resolution 1386 vom 20. Dezember 2001). Der Einsatz ist keine Blauhelm-Mission, sondern ein sogenannter friedenserzwingender Einsatz unter Verantwortung der beteiligten Staaten. Operativ wird ISAF seitens der NATO durch den Commander Allied Joint Force Command Brunssum (JFC Brunssum) in den Niederlanden geführt.

Irak-Krise

 
Konferenz der Verteidigungsminister in Nizza, 2005

 

Die USA beschuldigten den Irak schwerwiegender Verstöße gegen UN-Auflagen. Der US-amerikanische Außenminister Colin Powell versuchte vor dem UN-Sicherheitsrat mit Satellitenaufnahmen, Tonbandaufnahmen und anderen Dokumenten eine Wiederaufnahme von verbotenen Waffenprogrammen zu beweisen. Die Ausführungen Powells reichten aber nicht, um den Sicherheitsrat von der Notwendigkeit eines Kriegseinsatzes zu überzeugen.

Die USA und das Vereinigte Königreich versuchten nun, bei den Vereinten Nationen die Ermächtigung für einen Angriff auf den Irak einzufordern. Dies wurde von Deutschland, im UN-Sicherheitsrat vertretener NATO-Mitgliedstaat, Russland und Frankreich abgelehnt.[8] Daraufhin wurde eine Koalition der Willigen geschmiedet, um trotzdem eine Unterstützung auf breiter Basis als Kriegslegitimierung darstellen zu können.

Im Rahmen der Vorbereitung der Pläne der USA zur Invasion des Iraks kam es daraufhin innerhalb der NATO zu einer schweren Krise: Bei der Frage, ob der Türkei präventiv Abwehrsysteme (deutsche Patriot-Luftabwehrraketen) bereitgestellt werden sollten, damit sie sich, im Fall eines Angriffes auf den Irak, gegen eventuelle Gegenangriffe verteidigen kann, legten Frankreich und Belgien ein Veto ein. Deutschland schloss sich dem Veto später an (dies allerdings erst nach Fristablauf; rein formal betrachtet ist das deutsche Veto daher ungültig, politisch war es deshalb aber nicht weniger brisant). Dies führte zu einer Verstärkung der vorher schon vorhandenen transatlantischen Verstimmungen zwischen diesen Ländern und Russland auf der einen Seite und den USA und dem Vereinigten Königreich auf der anderen Seite. Unklar ist, ob sich dieser Riss durch das Bündnis auf seine langfristige Perspektive nach 2008 (also nach Ablauf der zweiten Amtszeit von George W. Bush) als aus Sicht der USA relevantes Militärbündnis noch auswirkt.

Libyen

Während des Aufstands in Libyen gegen den Diktator Muammar al-Gaddafi eskalierte die Situation zu einem Bürgerkrieg. Daraufhin startete die NATO einen internationalen Militäreinsatz in Libyen. Mit Hilfe von Katar, Jordanien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Schweden gelang es den Rebellen schließlich, das Gaddafi-Regime zu stürzen. Der Einsatz dauerte vom 19. März bis zum 31. Oktober 2011 an.[9]

Türkei

Während des syrischen Bürgerkriegs kam es vereinzelt zu Raketeneinschlägen von Syrien aus auf türkischem Staatsgebiet, woraufhin die Türkei nach Art. 4 des NATO-Vertrages das Bündnis anrief.[10] Daraufhin beschloss der NATO-Rat am 4. Dezember 2012, zum Schutz der Türkei Patriot-Abwehrraketen in die Nähe der türkisch-syrischen Grenze zu verlegen.[11] Am 30. Januar 2013 waren alle Raketen im Rahmen der Operation Active Fence einsatzbereit.[12] Die Reichweite ist allerdings deutlich kürzer als die Entfernung ihrer Stationierungsorte zur türkisch-syrischen Grenze. Ferner dauerten Verlegung und Herstellung der Einsatzbereitschaft mehrere Wochen. Das Verhältnis Reichweite-Stationierungsorte und die lange Verlegungsdauer lassen anstatt eines rein militärischem vielmehr auf einen politischen Charakter des Einsatzes schließen. Daher wird argumentiert, der Einsatz diene zur Demonstration von Bündnissolidarität mit der Türkei, zur Rückversicherung für das Land und zur weiteren strategischen Anbindung der Türkei an den Westen.[13] Hingegen bewerten Kritiker des Einsatzes wie Jan van Aken die Stationierung der Raketen als einen weiteren Schritt hin zu einer militärischen Eskalation des Konflikts.

 

Krisen-Reaktionstruppe der NATO

Auf dem NATO-Gipfeltreffen in Prag am 22. November 2002 wurde eine Reaktionstruppe, die sogenannte NATO Response Force (NRF), mit Land-, Luft- und Seestreitkräften für schnelle Einsätze ins Leben gerufen und im November 2006 mit einer Sollstärke von 25.000 Soldaten für voll einsatzbereit erklärt.

 

NATO-Raketenabwehrprogramm

 
 
Von den USA geplantes europäisches Raketenabwehrprogramm

 

Das seit September 2005 durch den Nordatlantikrat als Active Layered Theatre Ballistic Missile Defence (ALTBMD) bezeichnete Programm zur Raketenabwehr sieht die Erfassung und Bekämpfung von gegnerischen Kurz- und Mittelstreckenraketen bis zu einer Reichweite von 3.000 km vor. Im Juli 2006 gab NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer Planungen zu einem europaweiten Raketenabwehrprogramm bekannt. Besonders das Vereinigte Königreich, Polen und die Tschechische Republik arbeiten in diesem Bereich bereits aktiv mit den USA zusammen.

Das Raketenabwehrsystem in Polen und in Tschechien sollte bis 2012 rund 1,6 Milliarden US-Dollar kosten und nach US-Angaben vor möglichen Raketenangriffen von Staaten wie dem Iran und Nordkorea schützen. Der russische Präsident Dmitri Medwedew interpretierte die Pläne zum Aufbau der Raketenabwehrsysteme der USA als Aufrüstung gegen Russland und plante im Gegenzug die Stationierung von Raketen in Kaliningrad.

Am 20. November 2010 beschlossen die Vertreter der NATO-Mitgliedstaaten auf ihrem Gipfel in Lissabon die Ausweitung des geplanten Raketenschildes auf die Territorien und die Bevölkerung Europas.[15] Seit 2009 wird bei den Planungen auf die Stationierung von ortsfesten Elementen sowohl in der Tschechischen Republik als auch in Polen verzichtet und der Einsatz von mobilen und modular einsetzbaren Abwehrsystemen favorisiert. Als Koordinierungsstelle für das Abwehrprogramm ist das Active Layered Theater Ballistic Missile Defense Programme Office[16] mit Sitz in Brüssel und Den Haag zuständig.

Auf dem Gipfeltreffen in Lissabon wurde erstmals mit Präsident Medwedew die Beteiligung Russlands an der Entwicklung des Raketenabwehrsystems vereinbart.

 

Auftrag

Rechtsgrundlage

Der Nordatlantikvertrag sieht ein Defensivbündnis ohne automatische militärische Beistandspflicht der Mitglieder vor. Die ersten Artikel des Vertrags verpflichten die Mitglieder zur friedlichen Konfliktbeilegung und freundschaftlichen Ausgestaltung internationaler Beziehungen. Auch die Wahrung der westlich-liberalen Gesellschaftsordnung mit politischer, ökonomischer, sozialer und kultureller Zusammenarbeit und Anerkennung demokratischer Prinzipien ist Bestandteil. Für den Fall des bewaffneten Angriffs auf eines der Mitglieder verpflichtet der Vertrag die übrigen Mitgliedstaaten zur sog. kollektiven Selbstverteidigung. Zur Umsetzung der durch den Vertrag vorgegebenen Mechanismen und Verpflichtungen ist die Gründung der Nordatlantikvertrag-Organisation, bestehend aus Nordatlantikrat und den nachgelagerten Stellen, vorgesehen.

Siehe auch: NATO-Truppenstatut
 

Aufgaben und Ziele

 
Die NATO und der Warschauer Pakt im Kalten Krieg

 

Die im Nordatlantikvertrag formulierten Ziele haben sich im Verlauf seines Bestehens nicht geändert, denn der Vertrag ist in seinem Wortlaut seit 1949 unverändert. Allerdings wurden die Aufgaben der NATO an veränderte sicherheitspolitische Gegebenheiten angepasst und werden aktuell anders interpretiert.

Während der Zeit des Kalten Kriegs bestand die Hauptaufgabe der NATO darin, die Freiheit und Sicherheit der Mitglieder durch Abschreckung, Aufrüstung und ständige Abwehrbereitschaft zu garantieren. Ein gleichwertiges drittes, ziviles Standbein der NATO zu etablieren, wie 1969 von Richard Nixon vorgeschlagen, gelang nicht in dem damals geplanten Ausmaß. Die NATO hat als länderübergreifend arbeitende, internationale Organisation mit direktem Zugang auf Regierungsebene vor allem bei der Behandlung umweltpolitischer Probleme, unter anderem bei Luftreinhaltung, saurem Regen und Treibhauseffekt, eine wichtige Vorreiterrolle gespielt

 

Die Wiedervereinigung Deutschlands, der Zerfall des Warschauer Paktes und der UdSSR sowie die Demokratisierung der ehemaligen Ostblock-Länder waren Auslöser einer grundlegenden Änderung des sicherheitspolitischen Umfelds in Europa. Die Aufgaben der NATO wurden an die neue Lage angepasst und gemäß dem Nordatlantikvertrag blieben Abschreckung und Verteidigung zwar Hauptaufgaben, traten jedoch etwas in den Hintergrund. Vermehrt wurde auf Dialog und Zusammenarbeit mit den „alten Gegnern“ gesetzt und verschiedene Partnerschaftsprogramme (u. a. Partnerschaft für den Frieden) mündeten schließlich in der NATO-Osterweiterung.

 

Strategisches Konzept der Allianz 1999

Auf dem NATO-Gipfeltreffen am 24. April 1999 in Washington, USA, wurde das dritte, bis 2010 gültige Strategische Konzept der Allianz (The Alliance’s Strategic Concept) gebilligt. Es beschreibt Ziele und Aufgaben, analysiert die sicherheitspolitische Lage und leitet davon strategische Perspektiven und Aufgaben ab. Durch Bestehen und Stärkung der transatlantischen Bindung soll eine möglichst enge transatlantische Bindung die Sicherheit Europas und Nordamerikas verknüpfen. Mit der Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung effektiver militärischer Fähigkeiten wird die Verteidigungsbereitschaft der Mitglieder sichergestellt. Wichtigste Änderung aber ist die Feststellung, dass zur Konfliktverhütung und Krisenbewältigung auch militärische Operationen außerhalb des NATO-Gebietes zur prophylaktischen Gefahrenabwehr möglich sein sollen (sog. „Out-of-Area-Einsätze“). Des Weiteren behält sich die NATO das Recht vor, auch ohne Mandat der Vereinten Nationen (UN) in Krisengebieten zu intervenieren (siehe Kosovo 1999). NATO-Eingriffe in internationale Konflikte, bei denen kein Mitgliedstaat unmittelbar als Konfliktpartei beteiligt ist, gehen über den ursprünglichen Verteidigungsauftrag hinaus und werden daher oft auch als „Out-of-Defence-Einsätze“ bezeichnet.

Kernpunkte

  • Aufrechterhaltung und Stärkung der transatlantischen Bindung
  • Unterstützung der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik
  • Konfliktverhütung und Krisenbewältigung
  • Partnerschaft, Zusammenarbeit und Dialog
  • Erweiterung
  • Rüstungskontrolle, Abrüstung und Nichtverbreitung

Nukleardoktrin

Im Strategischen Konzept des Bündnisses von 1999 heißt es zur Nukleardoktrin, dass das Bündnis eine geeignete Zusammensetzung nuklearer und konventioneller Streitkräfte beibehalten wird. Diese sind in Europa stationiert. In dem Dokument wird nicht erwähnt, dass die NATO weiterhin darauf besteht, die Option auf den Ersteinsatz von Atomwaffen beizubehalten. Während des Kalten Krieges hat die NATO argumentiert, dass Atomwaffen zur Gegenwehr gegen einen überwältigenden konventionellen Angriff erforderlich sein könnten. Außerdem ist die NATO offensichtlich unter Druck, eine neue Option zu übernehmen, die auf nationaler Ebene bereits von den USA, dem Vereinigten Königreich und Frankreich verankert wurde, nämlich atomar zu antworten, wenn „Schurkenstaaten“, die keine Atomwaffen besitzen, ihre „vitalen Interessen“ irgendwo in der Welt durch den Einsatz von chemischen oder biologischen Angriffen verletzen.

 

Derzeit sind im Rahmen der NATO etwa 240 US-Atomwaffen in Europa stationiert

 

Land Militärbasis Anzahl Atomwaffen
Belgien Kleine Brogel AB 20
Deutschland Büchel AB 20
Italien Aviano AB 50
Ghedi Torre AB 40
Niederlande Volkel AB 20
Türkei İncirlik AB 90
Gesamt   240

 

Die Atomwaffen unterliegen der nuklearen Teilhabe der NATO, befinden sich also in Ländern, die offiziell als Nicht-Atomwaffenstaaten gelten und dem Atomwaffensperrvertrag beigetreten sind.[21] Die bis 2007 in Lakenheath im Vereinigten Königreich gelagerten 110 Atomwaffen konnten von den USA auch ohne Zustimmung der NATO eingesetzt werden und wurden abgezogen.[22]

Das Vereinigte Königreich verfügt über 160 bis 200 eigene Atomwaffen, die der NATO für die Verteidigung des Bündnisses zugewiesen sind, mit Ausnahme des Falles, in dem die Regierung des Vereinigten Königreichs entscheidet, dass höchste nationale Interessen auf dem Spiel stehen

 

Strategisches Konzept der NATO 2010

 

Am 19. November 2010 beschloss die Allianz auf dem Gipfeltreffen der NATO in Lissabon 2010 ein neues Strategiepapier. Es sieht eine intensive Zusammenarbeit mit Russland vor und enthält Anpassungen im Bereich Nukleare Abschreckung, Cyber-War und der Errichtung eines Raketenschilds.

Maritime Strategie

Die neue Alliance Maritime Strategy[24] vom 18. März 2011 stellt eine auf maritime Sicherheitsherausforderungen bezogene Ergänzung des Strategischen Konzepts der NATO 2010 dar, indem als Kernaufgaben der NATO auf See kollektive Verteidigung, Krisenmanagement und kooperative Sicherheit hervorgehoben werden.

 

Organisation

 
Emblem der NATO
 
Die wichtigsten Organe

 

Die NATO ist eine mehrstufige und komplexe Organisation, die sowohl militärische als auch zivile Verwaltungsstrukturen aufweist. Alle Entscheidungen innerhalb der Organisation werden nach dem Konsensprinzip getroffen.

NATO-Hauptquartier

Das politische Hauptquartier der NATO befand sich von 1949 bis April 1952 in Washington, D.C. Vom 16. April 1952 bis 1967 war der Sitz in Paris, zunächst im Palais de Chaillot, später in einem für die NATO errichteten Gebäude, das heute von der Universität Paris-Dauphine genutzt wird.

Nach dem Austritt Frankreichs aus den militärischen Strukturen der NATO zog das Hauptquartier 1967 nach Brüssel. Dort sind im Nordosten der Stadt auf dem Boulevard Léopold III/Leopold III Laan rund 3.150 Vollzeitkräfte beschäftigt (Stand: 1999), davon 1.400 zivile und militärische Vertreter der Mitgliedstaaten.

Nachdem 2002 mit Belgien ein Vertrag für einen Neubau geschlossen wurde, wird derzeit das Hauptquartier nördlich des Boulevard Léopold III/Leopold III Laan auf dem ehemaligen Flugfeld von Melsbroek neu erbaut.

 

Zivile Organisation

Zu der zivilen Organisation gehören der Nordatlantikrat, das NATO-Generalsekretariat und der Internationale Stab.

Nordatlantikrat

Der Nordatlantikrat (NAC) mit Sitz in Brüssel ist das höchste Entscheidungsgremium innerhalb des Bündnisses und umfasst die politische Konsultation und Koordination. Es ist die einzige Institution der NATO, die explizit im Nordatlantikvertrag genannt wird.

NATO-Generalsekretariat und Internationaler Stab

Der Generalsekretär ist der Vorsitzende des Nordatlantikrates und leitet das Generalsekretariat mit dem Internationalen Stab (International Staff; IS). Außerdem übernimmt der Generalsekretär den Vorsitz des seit 1966 bestehenden Ausschusses für Verteidigungsfragen (engl. Nuclear Defence Affairs Committee; NDAC) und in der seit 1967 bestehenden Nuklearen Planungsgruppe (engl. Nuclear Planning Group; NPG). Er wird für eine vierjährige Amtsperiode einstimmig von allen Mitgliedstaaten berufen, mit der Möglichkeit einer Verlängerung auf ein fünftes Jahr. Solange ein Kandidat keinen Konsens auf sich vereinigt, bleibt das Amt unbesetzt.[26] Der Generalsekretär übernimmt somit eine Art Öffentlichkeitsfunktion, während der Supreme Allied Commander Europe (SACEUR) die Entscheidungsgewalt über die militärischen Operationen hat.

Generalsekretäre der Nordatlantikpakt-Organisation
Nr. Name Land Beginn der Amtszeit Ende der Amtszeit
1 Hastings Ismay, 1. Baron Ismay Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich 4. April 1952 16. Mai 1957
2 Paul-Henri Spaak BelgienBelgien Belgien 16. Mai 1957 21. April 1961
3 Dirk Stikker NiederlandeNiederlande Niederlande 21. April 1961 1. August 1964
4 Manlio Giovanni Brosio ItalienItalien Italien 1. August 1964 1. Oktober 1971
5 Joseph Luns NiederlandeNiederlande Niederlande 1. Oktober 1971 25. Juni 1984
6 Peter Carington, 6. Baron Carrington Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich 25. Juni 1984 1. Juli 1988
7 Manfred Wörner DeutschlandDeutschland Deutschland 1. Juli 1988 13. August 1994
- Sergio Balanzino ItalienItalien Italien 13. August 1994 17. Oktober 1994
8 Willy Claes BelgienBelgien Belgien 17. Oktober 1994 20. Oktober 1995
- Sergio Balanzino ItalienItalien Italien 20. Oktober 1995 5. Dezember 1995
9 Javier Solana SpanienSpanien Spanien 5. Dezember 1995 6. Oktober 1999
10 George Robertson Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich 14. Oktober 1999 17. Dezember 2003
- Alessandro Minuto Rizzo ItalienItalien Italien 17. Dezember 2003 31. Dezember 2003
11 Jaap de Hoop Scheffer NiederlandeNiederlande Niederlande 1. Januar 2004 31. Juli 2009
12 Anders Fogh Rasmussen DanemarkDänemark Dänemark 1. August 2009 30. September 2014
13 Jens Stoltenberg NorwegenNorwegen Norwegen vorgesehen ab
1. Oktober 2014
 

 

Personen mit kursiv geschriebenen Namen nahmen das Amt nur kommissarisch wahr.

Supreme Allied Commanders Europe der Nordatlantikpakt-Organisation
Nr. Name Land Beginn der Berufung Ende der Berufung
1 Dwight D. Eisenhower Vereinigte Staaten 48Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 2. April 1951 30. Mai 1952
2 Matthew B. Ridgway Vereinigte Staaten 48Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 30. Mai 1952 11. Juli 1953
3 Alfred M. Gruenther Vereinigte Staaten 48Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten 11. Juni 1953 20. November 1956
4 Lauris Norstad Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Vereinigte Staaten 20. November 1956 1. Januar 1963
5 Lyman L. Lemnitzer Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Vereinigte Staaten 1. Januar 1963 1. Juli 1969
6 Andrew J. Goodpaster Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Vereinigte Staaten 1. Juli 1969 15 Dezember 1974
7 Alexander Haig Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Vereinigte Staaten 15. Dezember 1974 1. Juli 1979
8 Bernard W. Rogers Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Vereinigte Staaten 1. Juli 1979 26. Juni 1987
9 John R. Galvin Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Vereinigte Staaten 26. Juni 1987 23. Juni 1992
10 John M. Shalikashvili Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Vereinigte Staaten 23. Juni 1992 22. Oktober 1993
11 George A. Joulwan Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Vereinigte Staaten 22. Oktober 1993 11. Juni 1997
12 Wesley K. Clark Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Vereinigte Staaten 11. Juli 1997 3. Mai 2000
13 Joseph W. Ralston Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Vereinigte Staaten 3. Mai 2000 17. Januar 2003
14 James L. Jones Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Vereinigte Staaten 17. Januar 2003 7. Dezember 2006
15 Bantz J. Craddock Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Vereinigte Staaten 7. Dezember 2006 2. Juni 2009
16 James G. Stavridis Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Vereinigte Staaten 2. Juni 2009 13. Mai 2013
16 Philip M. Breedlove Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Vereinigte Staaten 13. Mai 2013  

Verteidigungsplanungsausschuss

Der Ausschuss für Verteidigungsplanung (engl. Defence Planning Committee; DPC) war das zentrale Gremium für militärpolitische Angelegenheiten, insbesondere die Struktur der Streitkräfte und ihre Integration. Er war aus ständigen Vertretern jener Mitgliedstaaten zusammengesetzt, die sich auch an dem integrierten NATO-Verteidigungssystem beteiligen. Im Jahr 2010 wurde der Ausschuss für Verteidigungsplanung aufgelöst, seine Aufgaben wurden dem Nordatlantikrat übertragen

Ministerkonferenzen

Der Nordatlantikrat (NAC) (und bis 2010 der Verteidigungsplanungsausschuss (DPC)) tagen mindestens einmal pro Woche auf der Ebene der Ständigen Vertreter, sowie zweimal pro Jahr auf Ebene der Außenminister (Foreign Ministers Meeting; MFA) und der Verteidigungsminister (Defense Ministers Meetings; MoD). Außerdem tagt der NATO-Rat alle zwei bis drei Jahre auch auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs, die sogenannten NATO-Gipfeltreffen.

NATO-Gipfeltreffen

 
NATO-Gipfeltreffen zum 50. Jahrestag der NATO im Andrew W. Mellon Auditorium (AWMA) in Washington, D.C., USA, April 1999
 
NATO-Gipfeltreffen im November 2002 in Prag (Tschechien)

 

An den NATO-Gipfeltreffen nehmen die Staats- und Regierungschefs der NATO-Mitgliedstaaten seit 1949 teil:

Datum Ort
17. September 1949 Gründungsgipfel in Washington, D.C. (USA)
16.–19. Dezember 1957 Paris (Frankreich)
26. Juni 1974 Brüssel (Belgien)
29.–30. Mai 1975 Brüssel (Belgien)
10.–11. Mai 1977 London (Vereinigtes Königreich)
30.–31. Mai 1978 Washington, D.C. (USA)
9.–10. Juni 1982 Bonn (Bundesrepublik Deutschland)
21. November 1985 Brüssel (Belgien)
2.–3. März 1988 Brüssel (Belgien)
29.–30. Mai 1989 Brüssel (Belgien)
4. Dezember 1989 Brüssel (Belgien)
5.–6. Juli 1990 London (Vereinigtes Königreich)
7.–8. November 1991 Rom (Italien)
10.–11. Januar 1994 Brüssel (Belgien)
27. Mai 1997 Paris (Frankreich)
8.–9. Juli 1997 Madrid (Spanien)
22.–25. April 1999 Washington, D.C. (USA)
13. Juni 2001 Brüssel (Belgien)
28. Mai 2002 Rom (Italien)
21.–22. November 2002 Prag (Tschechien)
28.–29. Juni 2004 Istanbul (Türkei)
13.–14. Oktober 2004 Poiana Brașov (Rumänien)
22. Februar 2005 Brüssel (Belgien)
28.–29. November 2006 Riga (Lettland)
2.–4. April 2008 Bukarest (Rumänien)
3.–4. April 2009 Baden-Baden und Kehl am Rhein (Deutschland),
Straßburg (Frankreich)
19.–20. November 2010 Lissabon (Portugal)
21.–22. Mai 2012 Chicago (USA)
4.–5. September 2014 Newport (Vereinigtes Königreich)

Weitere Institutionen

Seit 1955 existiert zudem die Parlamentarische Versammlung der NATO (NATO-PV), die seit ihrer Gründung 1955 bis Juni 1991 als Nordatlantische Versammlung (NAV) bezeichnet wurde. Die Versammlung tritt zweimal jährlich in verschiedenen Mitgliedsländern zu einer Frühjahrs- und einer Herbsttagung zusammen. Derzeit gehören der Versammlung 214 Parlamentarier aus 19 NATO-Mitgliedstaaten an.

 

Des Weiteren:

Militärische Organisation

NATO-Militärausschuss

Der NATO-Militärausschuss (engl. Military Committee; MC) ist das höchste militärische Entscheidungs- und Beratungsorgan innerhalb des Bündnisses und ist dem Nordatlantikrat (NAC) unterstellt und tagt zweimal pro Jahr auf der Ebene der von den Stabschefs ernannten Nationalen Militärischen Vertreter (engl. National Military Representatives; NMR). Die Mitglieder des Militärausschusses bestimmen zudem seit 1963 durch Wahl einen Vorsitzenden (CMC), dessen Amt seit 16. November 2011 durch den dänischen General Knud Bartels ausgeführt wird. Sein Vorgänger war von Juni 2008 bis November 2011 der italienische Admiral Giampaolo Di Paola.

Der Ausschuss besteht aus den Stabschefs (aus Deutschland der Generalinspekteur der Bundeswehr) aller an der militärischen Integration der NATO beteiligten Mitgliedstaaten oder ihren Vertretern und berät und empfiehlt Maßnahmen, die für die NATO erforderlich gehalten werden. Der NATO-Militärausschuss erlässt zudem Weisungen an den Supreme Allied Commander Europe, den Oberkommandierenden des NATO-Hauptquartiers Europa (SHAPE) in Mons, Belgien und an den Supreme Allied Commander Transformation, den Oberkommandierenden des NATO-Hauptquartiers Transformation (HQ SACT) in Norfolk, VA, USA.

Internationaler Militärstab

Als ausführendes Organ verfügt der Militärausschuss der NATO über einen Internationalen Militärstab (engl. International Military Staff; IMS), der über mehrere verschiedene Abteilungen verfügt und rund 450 zivile und militärische Mitarbeiter umfasst.

NATO-Militärhauptquartier in Europa

Ursprünglich befand sich das europäische NATO-Hauptquartier (engl. Supreme Headquarters Allied Powers Europe; SHAPE) ab Juli 1951 in Rocquencourt bei Paris. Nach Frankreichs Rückzug aus den NATO-Militärstrukturen erfolgte am 31. März 1967 der Umzug nach Casteau bei Mons in Belgien.

NATO-Kommandostruktur und militärische Integration

 

Den operativen Oberbefehl hat der Supreme Allied Commander Europe (SACEUR), welcher immer ein US-amerikanischer General oder Admiral ist.

Zudem gibt es eine parallele Kommandoebene für die Transformation der NATO, den Supreme Allied Commander Transformation (SACT).

Verteidigungsausgaben

Im Jahre 2008 gaben alle NATO-Mitglieder zusammen 895,195 Mrd. US-Dollar (Kaufkraftparität im Jahr 2008) von weltweit 1,464 Billionen[28] für die Verteidigung aus. Davon entfielen 594,417 Mrd. auf die Vereinigten Staaten, 300,778 Mrd. auf die europäischen Mitgliedstaaten und die verbleibenden 21,026 Mrd. auf Kanada.[29] Davon verwendeten sie 293,949 Mrd. US-Dollar (Kaufkraftparität im Jahr 2005) für Personalkosten und 192,929 Mrd. für die Beschaffung.

 

Mitgliedschaft

Mitgliedstaaten

 
Mitgliedstaaten nach Beitrittsjahr

 

Die NATO hat zurzeit 28 Mitglieder. Die zwölf Gründungsmitglieder – sie gehören seit 1949 der NATO an – sind Belgien, Dänemark, Frankreich, Island, Italien, Kanada, Luxemburg, das Königreich der Niederlande, Norwegen, Portugal, die Vereinigten Staaten von Amerika sowie das Vereinigte Königreich.

Von 1949 bis 1962 gehörten auch die französischen Departements in Algerien ausdrücklich zum NATO-Vertragsgebiet. Bis zur Unabhängigkeit Maltas im September 1964 gehörte die Mittelmeerinsel auch als britische Kolonie zum NATO-Vertragsgebiet. Bis 1979 konnte die NATO und die britische Marine gegen umfangreiche Finanzhilfen Malta als Militärstützpunkt nutzen.

AlbanienAlbanien Albanien KanadaKanada Kanada SlowakeiSlowakei Slowakei
BelgienBelgien Belgien KroatienKroatien Kroatien SlowenienSlowenien Slowenien
BulgarienBulgarien Bulgarien LettlandLettland Lettland SpanienSpanien Spanien
DanemarkDänemark Dänemark LitauenLitauen Litauen TschechienTschechien Tschechien
DeutschlandDeutschland Deutschland LuxemburgLuxemburg Luxemburg TurkeiTürkei Türkei
EstlandEstland Estland NiederlandeNiederlande Niederlande UngarnUngarn Ungarn
FrankreichFrankreich Frankreich NorwegenNorwegen Norwegen Vereinigtes KonigreichVereinigtes Königreich Vereinigtes Königreich
GriechenlandGriechenland Griechenland PolenPolen Polen Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Vereinigte Staaten
IslandIsland Island PortugalPortugal Portugal  
ItalienItalien Italien RumänienRumänien Rumänien  

 

Im Jahre 1952 traten die Türkei und Griechenland der Organisation bei, und seit 1955 ist die Bundesrepublik Deutschland Mitglied der NATO. Spanien ist dem Bündnis 1982 beigetreten, und 1990 erfolgte die Ausdehnung des Nordatlantikvertrages auf das gesamte Deutschland.

Besonderheiten bestanden hinsichtlich Frankreich, das von 1966 bis 2009 nicht mehr in die Militärstrukturen der NATO integriert war. Der Grund für Frankreichs Austritt lag darin, dass Charles de Gaulle die NATO als Instrument US-amerikanischer Interessen nicht akzeptierte. Er wollte Frankreichs militärische Unabhängigkeit und Entscheidungsfreiheit bewahren und die französischen Truppen nicht dem US-Kommando unterordnen.[31] Nach der Jugoslawien-Krise änderte die französische Regierung ihre Position innerhalb der NATO und nahm seit Ende 1995 wieder an den Sitzungen des Ausschusses für Verteidigungsplanung (engl. Defence Planning Committee; DPC) teil, ohne dabei in die integrierten Militärstrukturen der NATO einzutreten.[32] Im Frühjahr 2009 erklärte Nicolas Sarkozy, Frankreich umgehend in die Militärstrukturen reintegrieren zu wollen. Am 18. März stimmte das französische Parlament dem Plan Sarkozys zur vollständigen Rückkehr Frankreichs in die Kommandostruktur zu.[33]

Ebenfalls aus den Militärstrukturen vorübergehend ausgeschieden waren Griechenland in der Zeit von 1974 bis 1981 und Spanien von 1986 bis 1999.

Einen Sonderfall stellt Island dar, welches über keine eigenen Streitkräfte verfügt. Die Verteidigung Islands wurde bis 2006 durch die Vereinigten Staaten gewährleistet, welche sich 1951 in einem bilateralen Verteidigungsabkommen zur Verteidigung Islands verpflichtet haben. Jedoch beschloss die US-Regierung am 19. März 2006 einseitig und für Island überraschend ihre Streitkräfte abzuziehen und am 30. September 2006 verließen schließlich die letzten auf Island stationierten US-Soldaten das Land. Dennoch garantieren die USA weiterhin den militärischen Schutz der Insel im Angriffsfall. Die Regierung Islands hat sich aber zu medizinischer Hilfeleistung im Bündnisfall verpflichtet. Island ist nur als Beobachter in der Nuklearen Planungsgruppe und entsendet einen zivilen Vertreter zu den Tagungen des Verteidigungsplanungsausschusses (DPC) und des Militärausschusses (Military Committee).

Im Zuge der NATO-Osterweiterung wurden 1999 Tschechien, Polen, Ungarn Mitglieder der NATO. Danach erfolgte die Einladung der Länder Estland, Lettland, Litauen, der Slowakei, Slowenien, Bulgarien und Rumänien, welche am 29. März 2004 der NATO beitraten. Albanien und Kroatien erhielten am 3. April 2008 beim Gipfeltreffen in Bukarest eine Einladung zum Militärbündnis und unterzeichneten am 9. Juli (4 Wochen vor Beginn des Georgienkrieges) in Brüssel die Beitrittsprotokolle.[34] Ihr Beitritt wurde für den NATO-Gipfel im April 2009 in Kehl und Straßburg geplant, von allen NATO-Mitgliedern ratifiziert[35] und am 1. April 2009 vollzogen

Deutschland

 
NATO-Beitritt der Bundesrepublik Deutschland während der Gipfelkonferenz in Paris im Mai 1955
 
Briefmarke der Deutschen Bundespost (1980): 25 Jahre Bundesrepublik Deutschland in der NATO

 

Seit dem Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur NATO im Jahre 1955 haben sich Aufgabe und Beteiligung erheblich gewandelt. In den Jahren bis zur Wiedervereinigung war die Bundeswehr als Bündnisarmee konzipiert. Für den Einsatzfall existierten keine nationalen Führungsstrukturen; die deutschen Verbände unterstanden im Bündnisfall den NATO-Befehlshabern. Einige Verbände, vor allem aus dem Bereich der Luftwaffe und der Bundesmarine, waren der NATO bereits im Frieden direkt unterstellt und wurden jederzeit von ihr operativ geführt.

Mit der Herstellung der Einheit Deutschlands wurden ab dem 3. Oktober 1990 auch die Gebiete der bisherigen DDR und der beiden Teile Berlins Teil des NATO-Gebietes. Gemäß Zwei-plus-Vier-Vertrag dürfen jedoch nichtdeutsche NATO-Truppen dauerhaft nicht in Ostdeutschland stationiert werden,[37] was diesen geografischen Raum zu einem „weißen Fleck“ innerhalb des mittlerweile um viele osteuropäische Staaten erweiterten NATO-Gebiets macht.

In der Zeit bis 1990 wurde die Aufgabe der Bundeswehr ausschließlich in der Verteidigung des eigenen Staatsgebietes statuiert. Dies änderte sich, als Deutschland im Zuge der Wiedervereinigung seine volle Souveränität erlangte. Seit Anfang der 1990er Jahre erfolgte die Teilnahme von deutschen Soldaten an sog. friedenssichernden und friedenserhaltenden Missionen, die in Zusammenarbeit mit den anderen Verbündeten durchgeführt wurden. Auch Bundeswehreinsätze außerhalb des Bündnisgebietes (Out-of-Area-Einsätze) werden nunmehr durchgeführt:

Innenpolitisch umstritten war, ob die Zustimmung der Bundesregierung zum Strategischen Konzept von 1999 der Zustimmung des Bundestages bedurfte. Dies wäre dann der Fall gewesen, wenn es sich beim Konzept 1999 um eine Änderung des Nordatlantikpaktvertrages gehandelt hätte. Dies hat das Bundesverfassungsgericht[39] in einem von der PDS-Bundestagsfraktion angestrengten Organstreitverfahren im Wesentlichen mit der Begründung verneint, dass der Vertragswortlaut unangetastet bleibe, insbesondere der Verteidigungsauftrag weiterhin bestehe und sich die Out-of-Area-Einsätze im Rahmen der im NATO-Vertrag beschriebenen Aufgabe der Friedenssicherung unter Beachtung des Völkerrechts halten sollen.

Seit 1955 wurden unter anderem folgende Deutsche in zentrale Führungspositionen der NATO berufen:

  • Manfred Wörner war 1988–1993 NATO-Generalsekretär
  • General Adolf Heusinger war 1961–1964 Vorsitzender des NATO-Militärausschusses
  • General Johannes Steinhoff war 1971–1974 Vorsitzender des NATO-Militärausschusses
  • General Wolfgang Altenburg war 1985–1989 Vorsitzender des NATO-Militärausschusses
  • General Klaus Naumann, 1996–1999 Vorsitzender des NATO-Militärausschusses
  • General Harald Kujat, 2002–2005 Vorsitzender des NATO-Militärausschusses

Mit 122 Millionen Euro trägt Deutschland über 18 % des NATO-Militärhaushaltes bei und ist damit nach den USA und noch vor Frankreich und dem Vereinigten Königreich der zweitgrößte Beitragszahler.

Die NATO wird in ihrer Arbeit offiziell von nationalen Atlantischen Gesellschaften unterstützt, die vor allem im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit für sie tätig sind. In Deutschland ist dies die Deutsche Atlantische Gesellschaft.

 

Beitrittskandidaten

 
  • Mitgliedstaaten
  • Beitrittskandidaten (MAP)
  • Versprochene Einladung
  • Kein Beitritt geplant
  • Haltung zum Beitritt unbekannt
 

Offizielle Beitrittskandidaten der NATO sind Montenegro, Bosnien und Herzegowina sowie Mazedonien; bei letzterem Staat werden die nötigen Verhandlungen jedoch von Griechenland wegen des Streits über seinen Namen blockiert.[40] Auf dem Gipfel in Bukarest im April 2008 beschlossen die Staats- und Regierungschefs der NATO-Mitgliedstaaten außerdem, mit Bosnien-Herzegowina Beitrittsverhandlungen aufzunehmen.[41] Am 3. Dezember 2009 erklärten die Außenminister der 28 NATO-Mitgliedstaaten in Brüssel Montenegro zum Beitrittskandidaten, nannten jedoch noch kein mögliches Beitrittsdatum.[42] Außerdem erklärten sie, dass Bosnien-Herzegowina noch nicht weit genug für den Status eines Beitrittskandidaten sei und weitere Reformen zur Demokratisierung benötige. Am 22. April 2010 beschlossen die Außenminister Bosnien und Herzegowina in den Aktionsplan für Beitrittskandidaten aufzunehmen, rieten für einen Beitritt jedoch zu weiteren Reformen.

Serbien wird ebenfalls von der NATO als Beitrittskandidat eingestuft,[43] aber das Parlament Serbiens verabschiedete 2007 eine Resolution über militärische Neutralität. Militärisch gesehen ist Serbien derzeit das stärkste Land des Westbalkans.[44] Die Mitgliedschaft im Militärbündnis wird sowohl politisch als auch gesellschaftlich konträr geführt. Zwar nimmt Serbien am Programm Partnerschaft für den Frieden teil, auch haben die Streitkräfte Serbiens ein Trainingsprogramm mit der Nationalgarde Ohios, doch über eine Eingliederung in die Strukturen des Militärbündnisses herrscht innerhalb der serbischen Parteien Uneinigkeit.[45] Der Verteidigungsminister Dragan Šutanovac erklärte, Serbien werde wahrscheinlich die Vollmitgliedschaft in der NATO nicht beantragen, aber es beabsichtige, die Partnerschaft mit der Allianz durch eine intensivere Teilnahme an internationalen Operationen zu stärken.[46] Auch gibt es Widerstand seitens der einflussreichen Serbisch-Orthodoxen Kirche, die diese Entscheidung dem Volk anvertrauen möchte[47] und eine traditionelle prorussische Stimmung des Balkanstaates,[48] die einen möglichen NATO-Beitritt des Landes in Frage stellen.[49] Dagegen möchte der Kosovo so schnell wie möglich der NATO beitreten.[50] Vor einem Beitritt ist jedoch die Anerkennung durch alle Mitgliedstaaten notwendig, damit der Beitritt ratifiziert werden kann.

Georgien möchte mit Unterstützung der Vereinigten Staaten so bald wie möglich der NATO beitreten; Russland lehnt dies ab. Die westeuropäischen NATO-Staaten wiederum lehnen Verhandlungen mit Rücksicht auf Russland ab, wogegen die osteuropäischen NATO-Staaten möglichst schnell mit Georgien Beitrittsverhandlungen aufnehmen möchten und verweisen dabei auf den Kaukasus-Konflikt. Vor allem Deutschland und Frankreich betonen, dass Georgien mit seinen abtrünnigen Provinzen Abchasien und Südossetien, welche die Unabhängigkeit beanspruchen, die NATO destabilisieren würde.[51] Unter Julija Tymoschenko strebte die Ukraine ebenfalls eine schnelle NATO-Mitgliedschaft an, nach den Präsidentschaftswahlen in der Ukraine 2010 rückte der neue prorussische Präsident Wiktor Janukowytsch jedoch von einem möglichen NATO-Beitritt der Ukraine ab und betonte den Status als blockfreies Land. Janukowytsch begründete dies damit, dass die Mehrheit der Ukrainer einen Beitritt zur NATO ablehne.

 

Irland, Schweden, Finnland, Malta, Österreich und die Schweiz arbeiten mit der NATO im Programm Partnerschaft für den Frieden zusammen. In der Schweiz wird das von einigen als eine schleichende Annäherung bis zum NATO-Beitritt betrachtet, der seit Jahren umstritten ist.[53] Österreich lässt historisch bedingt derzeit kein Interesse an einer Mitgliedschaft erkennen.[54] In Finnland und Schweden wird seit dem Kaukasus-Konflikt über einen möglichen NATO-Beitritt diskutiert.[55][56] Gerade in Finnland denken immer mehr Politiker über einen möglichen Beitritt nach,[57] dennoch sind nur wenige Finnen für einen Beitritt zum Bündnis.

 

Wegen des Nahostkonflikts fordern vor allem Politiker aus den Vereinigten Staaten einen Beitritt Israels zur NATO, welcher nach ihrer Ansicht zum Frieden in der Region beitragen könnte.[59] Israel ist ein Major non-NATO ally der Vereinigten Staaten und möchte insbesondere die Beziehungen zur EU und zur NATO intensivieren.[60] Jedoch möchte Israel noch nicht endgültig über einen Beitritt entscheiden

 

Kritik an der NATO

 
Demonstration während des NATO-Gipfeltreffens in Istanbul im Juni 2004

 

Kritiker von Seiten der Friedensbewegung[62] weisen darauf hin, dass friedliche und gerechte Lösungen oder zumindest Kompromisse bei den vielen Konflikten und Interessengegensätzen nicht über Militärbündnisse und das Mittel Krieg, sondern nur durch Institutionen wie den Vereinten Nationen und der OSZE entstehen können. Sie sehen in der NATO ein militärisches Bündnis, welches wirtschaftliche und strategische Interessen des Westens absichern soll.

Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik

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EUFOR-Emblem

 

Die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP), englisch Common Security and Defence Policy (CSDP), französisch Politique commune de sécurité et de défense (PCSD), ist ein Politikfeld der Europäischen Union. Sie ist Teil der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), folgt jedoch teilweise besonderen Regeln und hat auch einige eigene Institutionen.

Die GSVP wurde mit dem Vertrag von Nizza 2001 unter der Bezeichnung Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) eingeführt und erhielt ihren heutigen Namen mit dem Vertrag von Lissabon 2007. Wichtigste Akteure der GSVP sind die nationalen Regierungen der EU-Mitgliedstaaten im Rat der Europäischen Union, die alle wichtigen Beschlüsse in diesem Politikbereich einstimmig fassen müssen. Die Europäische Kommission und das Europäische Parlament haben hingegen kaum Mitspracherechte.

Geschichte

Anfänge militärischer Zusammenarbeit

Die Wurzeln der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik sind einerseits in der militärischen Bedrohung der Staaten Westeuropas durch die Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg zu sehen, andererseits im Interesse der (westlichen) Nachbarstaaten Deutschlands an einer militärischen Einbindung der Bundesrepublik, um eine Vormachtstellung Deutschlands in Europa zu verhindern.

Auf Initiative des französischen Ministerpräsidenten René Pleven wurde 1950-52 der Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) zwischen Frankreich, Deutschland den Benelux-Staaten und Italien ausgearbeitet. Er sollte eine Parallelkonstruktion zur EGKS darstellen und wies einen vergleichbaren institutionellen Rahmen auf. Operatives Kernstück war eine „Europaarmee“ unter dem Dach der NATO. Die EVG scheiterte letztlich an der Verweigerung der Ratifikation durch das französische Parlament.

Petersberg bei Bonn

 

Stattdessen wurde 1954 auf der Grundlage des ursprünglich gegen Deutschland gerichteten Brüsseler Pakts die Westeuropäische Union (WEU) gegründet, die neben den sechs EGKS-Staaten noch Großbritannien miteinschloss. Es handelt sich um ein System kollektiver Sicherheit in Europa, das aber gleichzeitig Rüstungsbegrenzungen für die Partnerstaaten, insbesondere Deutschland, vorsah. Angesichts der überragenden Bedeutung der NATO blieb das Gewicht der WEU jedoch stets begrenzt. 1992 nahm sie die sogenannten Petersberg-Aufgaben an (Humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze, friedenserhaltende Aufgaben und Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung inklusive friedensschaffender Maßnahmen).

Seit den 80er-Jahren entwickelte sich zudem eine gemeinsame Verteidigungspolitik der EG-Kernstaaten Frankreich und Deutschland. Sie führte zur Gründung einer Deutsch-Französischen Brigade, aus der schließlich 1992 unter Einschluss weiterer Staaten das Eurokorps hervorging.

Die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik

Mit dem Vertrag von Maastricht wurde schließlich 1992 die "Sicherheitspolitik" ausdrücklich der Zuständigkeit der neu gegründeten EU zugewiesen – wenn auch lediglich im Rahmen der intergouvernemental geprägten zweiten Säule. Dabei arbeitete die EU eng mit der WEU zusammen und übernahm nun auch deren Petersberg-Aufgaben. Anders als WEU und NATO war die EU jedoch zunächst kein Militärbündnis, d.h. auch im Fall eines Angriffs wären die Mitgliedstaaten nicht zu gegenseitigem Beistand verpflichtet gewesen. Damit sollte den Bedenken der neutralen EU-Mitgliedstaaten wie Irland, Österreich, Schweden und Finnland Genüge getan werden.

Insbesondere in den Jugoslawienkriegen in den neunziger Jahren trat die geringe Handlungsfähigkeit der EU offen zutage. Es wurde beklagt, sie sei ein ökonomischer Riese und ein außenpolitischer und militärischer Zwerg, der in seinem eigenen „Hinterhof“ auf Unterstützung amerikanischer NATO-Soldaten angewiesen sei. Vor diesem Hintergrund wurde im Vertrag von Amsterdam 1997 schließlich der Ausbau zur Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) beschlossen. Ein wichtiger Schritt war zudem ein Kurswechsel der britischen Politik, die auf dem französisch-britischen Gipfel in St. Malo 1998 ihre Vorbehalte gegen eine nicht in die NATO integrierte, europäische Verteidigungskomponente aufgab.[1] In den folgenden Jahren wurde daher unter Leitung des neu ernannten Hohen Vertreters für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik, des früheren NATO-Generalsekretärs Javier Solana, die ESVP weiter ausgebaut.

Zu wesentlichen Veränderungen kam es auf den EU-Gipfeln von Köln und Helsinki (beide 1999), Feira (2000) sowie Göteborg und Laeken (jeweils 2001): Hier wurde beschlossen, mit einer eigenen Verteidigungskomponente die Petersberger Aufgaben erfüllen zu können und insbesondere bestimmte Kontingente von Soldaten, Polizisten und weiterem Personal zur Verfügung zu stellen. Außerdem wurde die Teilnahme von Nicht-EU-Staaten geregelt und vier Ad-hoc-Arbeitsgruppen zur Regelungen der Beziehungen zwischen EU und NATO gegründet.

Die Irak-Krise 2003 zeigte jedoch erneut die Uneinigkeit der EU. Beim sogenannten Pralinengipfel am 29. April 2003 schlugen die Staats- und Regierungschefs Belgiens, Deutschlands, Frankreichs und Luxemburgs die Gründung einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungsunion vor, die insbesondere die Idee eines wechselseitigen Beistandspakts und einer rüstungspolitischen Koordination vorsah. Dieser Vorschlag stieß zunächst auf überwiegend negative Resonanz, gab aber einen wichtigen Impuls für die Weiterentwicklung der ESVP.

Bei den Gipfeln von Thessaloniki und Brüssel 2003 wurde eine europäische Sicherheitsstrategie entwickelt, die zur Gründung des Europäischen Sicherheits- und Verteidigungskollegs führte, eines gemeinsamen Ausbildungszentrums der EU-Mitgliedstaaten. Außerdem kam es 2003 zu einer ersten Polizeimission in Bosnien-Herzegowina, einer ersten EU-Militärmission mit Rückgriff auf NATO-Strukturen in Mazedonien und zur ersten autonomen Mission in der Demokratischen Republik Kongo (Operation Artemis)[

 

Vertrag von Lissabon

Mit dem Vertrag von Lissabon, der 2009 in Kraft trat, wurde die ESVP in Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) umbenannt. Er beinhaltete mehrere Reformen, darunter die bessere Koordination der Rüstungspolitik und eine wechselseitige Beistandsklausel (Art. 42 Abs. 7 EU-Vertrag), in die nun auch die neutralen Staaten einwilligten.

Der damalige Präsident des Europäischen Parlamentes Hans-Gert Pöttering stellte im November 2008 auf der Berliner Sicherheitskonferenz ein Konzept für eine immer engere Synchronisierung der europäischen Streitkräfte unter dem Namen Synchronised Armed Forces Europe (SAFE) vor.

Rechtsgrundlagen

Nach Art. 42 Abs. 1 und Abs. 2 EU-Vertrag umfasst die GSVP sämtliche Fragen, welche die Sicherheit der Europäischen Union betreffen, sowie die schrittweise Festlegung einer gemeinsamen Verteidigungspolitik. Letztere kann bei einem entsprechenden Beschluss des Europäischen Rats auch zu einer gemeinsamen Verteidigung führen. Die GSVP berührt nach Art. 42 Abs. 2 EU-Vertrag nicht die besonderen Charaktere der Verteidigungspolitiken einzelner Mitgliedstaaten, insbesondere jenen, die gleichzeitig der NATO angehören oder sich zu politischer Neutralität verpflichtet haben.

Die GSVP unterliegt dem in Art. 23 bis 41 EU-Vertrag geregelten rechtlichen Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik, deren Teil sie ist, sowie den besonderen Bestimmungen der Art. 42 bis 46 EU-Vertrag. Gleichwohl gibt es einige Besonderheiten:

  • Ratsbeschlüsse mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen werden nach Art. 31 Abs. 4 EU-Vertrag ausnahmslos einstimmig gefasst.
  • Die operativen Ausgaben im Zusammenhang mit Maßnahmen mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen werden gemäß Art. 41 Abs. 2 EU-Vertrag nicht aus dem Haushalt der Europäischen Union, sondern von den Mitgliedstaaten getragen

Akteure

Ebenso wie in der GASP, treffen auch in der GSVP Europäische Rat und der Rat der Europäischen Union alle wesentlichen Entscheidungen, wobei der Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (umgangssprachlich auch als EU-Außenminister bezeichnet) und der ihm unterstellte Europäische Auswärtige Dienst voll an der GSVP beteiligt wird. Der Kommission und dem Europäischen Parlament kommen nur Anhörungs- und Informationsrechte zu. Zuständiger Ausschuss des Europäischen Parlaments ist der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten, Menschenrechte, Gemeinsame Sicherheit und Verteidigungspolitik. Maßnahmen der GSVP unterliegen nicht der Judikatur des Gerichtshofs der Europäischen Union.

Besondere Bedeutung kommt in der GSVP indes dem Politischen und Sicherheitspolitischen Komitee (PSK) zu, das sich im Regelfall aus den Botschaftern der Mitgliedstaaten zusammensetzt. Es ersetzt das Politische Komitee, das in der Vergangenheit auf der Ebene der politischen Direktoren zusammentraf. Das PSK verfolgt die für die GASP wichtigen Entwicklungen des Weltgeschehens, erarbeitet neue Strategien und überwacht deren Umsetzung. Unter der Aufsicht des Rates gewährleistet das PSK die politische Kontrolle und strategische Leitung von Krisenmanagement-Aktionen.

Daneben existieren einige weitere Institutionen, die ausschließlich Aufgaben der GSVP wahrnehmen:

  • Der Militärausschuss der EU (EUMC) besteht aus den Generalstabschefs, vertreten durch ihre militärischen Repräsentanten, die zumeist in Personalunion bei der EU und der NATO ihr Land vertreten. Der Militärausschuss ist das höchste militärische Gremium und berät das PSK in militärischen Fragen. Er pflegt die Beziehungen zu anderen internationalen Organisationen und den Ländern außerhalb von EU und NATO. Er nimmt außerdem die militärische Leitung von Operationen wahr und leitet den Militärstab militärisch an. Der Vorsitzende nimmt an Sitzungen des PSK, des NATO-Militärausschusses und des Rates teil – im letzteren Fall, wenn ein militärisches Thema auf der Agenda steht.
  • Der Militärstab der EU (EUMS) ist Teil des Generalsekretariats des Rates. Zu seinen Aufgaben gehören die Frühwarnung, Lagebeurteilung und strategische Planung bezüglich der Petersberg-Aufgaben. Diese wurden ursprünglich für die Westeuropäische Union definiert und später dann auf die EU übertragen. Der Stab soll im Krisenfall die multinationalen Streitkräfte bestimmen, erfassen und aufstellen, meist in Abstimmung mit der NATO. Der EUMS bestimmt das „Wie“, das „Ob“ liegt auf der politischen Ebene.
  • Der Ausschuss für die zivilen Aspekte der Krisenbewältigung entwickelt die zivilen Planziele der EU und ist verantwortlich für deren Umsetzung. Er gibt Empfehlungen und Stellungnahmen an das PSK und andere Ratsgremien. Zusätzlich gibt es seit dem Jahr 2001 im Generalsekretariat des Rates eine Polizei-Einheit für die Planung und Durchführung von polizeilichen Missionen der EU.
  • Die zivile/militärische Zelle der EU wird im EUMS eingerichtet. Normalerweise wird das Supreme Headquarters Allied Powers Europe (SHAPE) der NATO oder ein nationales Hauptquartier zum Einsatz kommen. Hierfür wird eine EU-Planungszelle im SHAPE eingerichtet und die NATO wird eingeladen, Verbindungsvereinbarungen mit dem EUMS zu treffen. Zusätzlich soll eine Planungszelle im EUMS eingerichtet werden, die im Bedarfsfall eingesetzt werden kann. Sie wird die EU-Mitgliedstaaten in der Krisenerkennung und bei zivilen Operationen unterstützen, die zivile und militärische Komponente verbinden und dafür vorplanen. Zusätzlich wird sie die nationalen Hauptquartiere unterstützen. Sie kann aber auch das SHAPE oder ein nationales Hauptquartier ersetzen, vor allem wenn zivile bzw. militärische Unternehmungen anstehen oder kein nationales Hauptquartier gefunden wird.
  • Produkt europäischer Rüstungszusammenarbeit: Der Tiger Eurocopter
  • Die Europäische Verteidigungsagentur wurde mit Ratsbeschluss vom 12. Juni 2004 geschaffen. Ihre Aufgabe ist die Unterstützung der Mitgliedstaaten und die Koordinierung ihrer Zusammenarbeit in den Bereichen Militärische Forschung, Rüstungsplanung und Beschaffung. Hierdurch sollen Synergieeffekte u.a. in Form von Kosteneinsparungen erzielt werden.
  • Das Satellitenzentrum der Europäischen Union (EUSC) in Torrejón (bei Madrid, Spanien) beobachtet besonders im Dienste der GSVP die Erde und erstellt Satellitenbilder und -karten. Speziell bei der Konfliktprävention und -Beobachtung spielt das EUSC deshalb eine wichtige Rolle (zum Thema: Weltraumwaffe).
  • Das Institut der Europäischen Union für Sicherheitsstudien (ISS) in Paris erstellt Studien, die Grundlage für Verhandlungen und Entscheidungen in der ESVP sind

 

Instrumente

Der GSVP steht dasselbe Instrumentarium wie der GASP zur Verfügung. Auf der Grundlage der Leitlinien und Strategien des Europäischen Rates beschließt der Rat über die Standpunkte der Union zu außen-, sicherheits- und verteidigungspolitischen Themen und über die Durchführung von Aktionen, zum Beispiel in der Form von militärischen Missionen.

Militärische Fähigkeiten in der GSVP

Die EU verfügt, ebenso wie die NATO, nicht über eigene Soldaten oder gar eine europäische Armee. Stattdessen greift die EU auf die Streitkräfte der Mitgliedstaaten zurück, welche im Einzelfall autonom über die Bereitstellung entscheiden. In Deutschland erfordert dies die konstitutive Zustimmung des Deutschen Bundestages.

Um im Rahmen der EU aktiv zu werden, wurde auf den Europäischen Räten von Köln und Helsinki im Jahr 1999 eine Verbesserung der militärischen Fähigkeiten der EU vereinbart. Im Rahmen des European Headline Goal beabsichtigte die EU, binnen 60 Tagen für einen Zeitraum von bis zu einem Jahr 50.000-60.000 Soldaten für die gesamte Bandbreite der Petersberg-Aufgaben als schnelle EU-Eingreiftruppe zur Verfügung stellen zu können. Hierbei geht es in erster Linie um friedenssichernde Einsätze wie die Mission in Bosnien-Herzegowina durch EUFOR Althea (siehe unten). Das ursprüngliche Ziel einer umfassenden Einsatzfähigkeit bis zum Jahr 2003 wurde nach eigener Einschätzung des Rats nicht erreicht. Daraufhin wurde im ersten Halbjahr 2004 eine erneute Verbesserung der militärischen Fähigkeiten im Rahmen des Headline Goal 2010 vereinbart, dessen Umsetzung derzeit läuft.

Als Schritt zur schnellen Verbesserung der Einsatzfähigkeit beschloss der Rat 2004 die Aufstellung der sogenannten EU Battlegroups. Diese hochflexiblen Verbände mit einer Stärke von etwa 1.500 Soldaten können innerhalb von 10–15 Tagen in einem Radius von 6.000 km um Brüssel für eine Dauer von bis zu vier Monaten zum Krisenmanagement eingesetzt werden. 2005 waren die ersten Verbände verfügbar, die volle Einsatzfähigkeit wurde 2007 erreicht. Seitdem stehen jeweils 2 dieser in der Regel multinational zusammengesetzten Verbände für jeweils 6 Monate einsatzbereit zur Verfügung.

Bei all den Verpflichtungen im Rahmen der Verbesserung der militärischen Fähigkeiten handelt es sich nicht um rechtsverbindliche Vorgaben, sondern um autonome – politisch verbindliche – Verpflichtungen der Mitgliedstaaten.

Im Fall von EU-Militäreinsätzen liegt die politische Kontrolle und strategische Leitung der Mission beim Rat und dem PSK. In der Zwischenstufe verfügt die EU im beschränkten Maße über eigene Planungs- und Durchführungskapazitäten, gegebenenfalls unter Rückgriff auf Mittel der Mitgliedstaaten. Insbesondere bei umfassenderen Operationen wie EUFOR Althea (siehe unten), kann die EU aber auch auf Mittel der NATO auf Grundlage der Vereinbarung Berlin Plus zurückgreifen.

Operationen der EU im Rahmen der ESVP bzw. GSVP

Logo der ESVP-Operationen

Abgeschlossene Operationen

  • AMM – Beobachtungsmission zur Demilitarisierung in Aceh, Indonesien (beendet am 15. Dezember 2006 unmittelbar nach den Wahlen in Aceh am 11. Dezember 2006)
  • Operation Artemis – Krisenintervention in der DR Kongo (beendet am 1. September 2003)
  • Concordia – Militärische Operation der EU in Mazedonien (31. März 2003 bis 15. Dezember 2003)
  • EUPOL Proxima – Polizeimission der Europäischen Union in Mazedonien (15. Dezember 2003 bis 14. Dezember 2005)
  • EUPAT - Nachfolgemission von EUPOL Proxima in Mazedonien (15. Dezember 2005 bis 15. Juni 2006)
  • EUJUST Themis – Mission der EU zur Stützung der Rechtsstaatlichkeit in Georgien (beendet am 15. Juli 2005)
  • EUFOR RD Congo – Europäische Militäroperation in der Demokratischen Republik Kongo (beendet am 30. November 2006)
  • Unterstützung der Mission der Afrikanischen Union in Sudan (beendet am 31. Dezember 2007)
  • EUPOL Kinshasa – Polizeimission der EU in Kinshasa, DR Kongo (April 2005 bis Juni 2007)
  • EUMM - Überwachungsmission im ehemaligen Jugoslawien (1991 bis Dezember 2007)
  • EUFOR Tchad/RCA - Militärmission im Tschad zur Unterstützung humanitärer Maßnahmen der Vereinten Nationen (März 2008 bis März 2009)
  • EU SSR Guinea-Bissau – Mission zur Unterstützung der Reform des Sicherheitssektors in Guinea-Bissau (Frühjahr 2008 bis 30. September 2010)
  • EUPM – EU-Polizeimission vom 1. Januar 2003 bis 31. Dezember 2011 in Bosnien und Herzegowina
  • EUJUST LEX – Integrierte Rechtsstaatsmission der EU im Irak[5] bis 31. Dezember 2013
  • EUAVSEC South Sudan - Unterstützung am Flughafen Juba von September 2012[6] bis Januar 2014

Laufende Operationen

Verhältnis zu den USA

Auf der einen Seite sehen die USA die europäischen Verteidigungsbemühungen kritisch (Einflussverlust), auf der anderen Seite ist eine Stärkung des europäischen Verteidigungsbeitrags gerne gesehen. Europäische Politiker beschwichtigen, dass die militärische Stärkung der EU sich nicht gegen die USA richtet, denn ein stärkeres Europa liegt auch im wohlverstandenen eigenen Interesse der Amerikaner.[8]

Die Zusammenarbeit mit der NATO (Berlin plus) ist wichtig, um die Bedenken der USA zu zerstreuen: “Die Entwicklung der ESVP ist vor allem politisch motiviert und hat ihren Ursprung in den Konflikten um das ehemalige Jugoslawien [..]. Da diese Krisenreaktionskräfte jedoch vorderhand auf Strukturen und Einrichtungen der NATO angewiesen sein werden, verfügen die USA auch weiterhin über die Möglichkeit einem Einsatz zuzustimmen oder nicht. Doch eine europäische Selbständigkeit und Unabhängigkeit werden die USA auf Dauer nicht verhindern können und vermutlich auch nicht wollen, denn ein besserer Partner Europa entlastet die USA und festigt damit das Bündnis. [..] Es geht damit keines falls darum, einen Ersatz für die NATO auf die Beine zu stellen und eine europäische Armee ist vorderhand nicht geplant.

 

 

Europäische Sicherheitsstrategie

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Als Reaktion auf die Irak-Krise 2003 im Zusammenhang mit dem Irakkrieg erhielt der Hohe Vertreter für die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU, Javier Solana, im Sommer 2003 die Aufgabe, eine Europäische Sicherheitsstrategie (ESS) zu formulieren. Der Europäische Rat nahm die Strategie am 12. Dezember 2003 an.

 

Sicherheitsbegriff

Sicherheit wird umfassend verstanden. Durch die zunehmende Öffnung der Grenzen seit dem Ende des Kalten Krieges sei „ein Umfeld entstanden, in dem interne und externe Sicherheitsaspekte nicht mehr voneinander zu trennen sind. Die Handels- und Investitionsströme, die technologische Entwicklung und die Verbreitung der Demokratie haben vielen Menschen Freiheit und Wohlstand gebracht. Aus der Sicht anderer jedoch steht die Globalisierung für Frustration und Ungerechtigkeit. Diese Entwicklungen haben auch für nicht staatliche Gruppen mehr Spielraum für eine Mitwirkung am internationalen Geschehen entstehen lassen. Und sie haben die Abhängigkeit Europas – und somit auch seine Anfälligkeit – von vernetzten Infrastrukturen unter anderem in den Bereichen Verkehr, Energie und Information erhöht. [...] Der Wettstreit um Naturressourcen - insbesondere um Wasser -, der sich durch die globale Erwärmung in den nächsten Jahrzehnten noch steigern wird, dürfte in verschiedenen Regionen der Welt für weitere Turbulenzen und Migrationsbewegungen sorgen. Die Energieabhängigkeit gibt Europa in besonderem Maße Anlass zur Besorgnis. Europa ist der größte Erdöl- und Erdgasimporteur der Welt. Unser derzeitiger Energieverbrauch wird zu 50 % durch Einfuhren gedeckt. Im Jahr 2030 wird dieser Anteil 70 % erreicht haben.“

Neben militärischen Konflikten und Fragen der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen werden daher auch der Zugang zu Rohstoffvorkommen und Energiequellen, Armut und Fragen des Minderheitenschutzes erfasst.

Ziele

Die Strategie nennt als Hauptbedrohungen Europas den Terrorismus, die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, regionale Konflikte, gescheiterte Staaten und organisierte Kriminalität. Sie fordert Stabilität und gute Staatsführung in der direkten Nachbarschaft der Europäischen Union sowie die Stärkung einer auf Multilateralismus gründenden Weltordnung. Die Charta der Vereinten Nationen soll die internationalen Beziehungen grundlegend prägen und präventive Aktionen gegen die neuen, so genannten dynamischen Bedrohungen rahmen. Kern der Strategie ist die Verhinderung von Proliferation.

Konzept

Die EU sieht sich als Stabilitätsraum für die eigenen Mitglieder und Nachbarregionen wie Russland, Ukraine, Moldawien und Weißrussland. In dem Strategiepapier sind die Beziehungen mit den USA als unersetzlich genannt. Jedoch nicht im Sinne einer Dominanz der USA. Als weitere Partner nennt das Papier Kanada, Japan, China und Indien.

Das Aufgabenspektrum umfasst humanitäre Rettungseinsätze, friedenserhaltende Aufgaben, aber auch Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung und Befriedung (so genannte friedensschaffende Aufgaben). Ferner will die EU helfen, Konfliktparteien zu entwaffnen, Drittstaaten zu unterstützen und den Terrorismus zu bekämpfen.

Der Einsatz von Gewalt als Mittel der internationalen Diplomatie ist grundsätzlich möglich. Sie bedarf allerdings der Legitimation durch die Vereinten Nationen.

Europaarmee

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Mitgliedsstaaten der EU und der NATO
  • Nur EU-Mitglied
  • Nur NATO-Mitglied
  • NATO- & EU-Mitglied

 

Unter dem Stichwort Europaarmee läuft eine Diskussion zur Einrichtung eines Verteidigungsbündnisses europäischer Staaten, ähnlich dem Vorbild der NATO, bzw. zur Einrichtung gesamteuropäischer Streitkräfte, die dann einem europäischen Verteidigungsministerium unterstellt werden könnten. Erster Anstoß zur Diskussion gab der französische Ministerpräsident René Pleven bereits zu Beginn der 1950er Jahre. Seit Anfang 2000 wird erneut über das Thema diskutiert.

Vorteile

Die (teilweise) Vereinigung der Streitkräfte der EU-Staaten würde die Effizienz erhöhen. Die Anzahl der Soldaten aller EU-Staaten macht mit 1,9 Millionen ungefähr 150 % der Mannstärke der US-Armee aus. Die Kosten betragen insgesamt 160 Milliarden Euro

Gegenstimmen

Ein Plakat, das vor einer Militarisierung Europas warnt

 

Vor allem die USA waren 2003 gegen eine Europaarmee, die amerikatreuen Regierungen Großbritanniens und Spaniens unter Aznar haben sich 2003 ebenfalls gegen eine solche Armee ausgesprochen.[2]

Auch die europäischen Linken hatten eine Europaarmee abgelehnt, als sie während den Volksentscheiden über die EU-Verfassung, in ihren Kritikpunkten an dem Vertrag u.a. anführten, er treibe die Militarisierung der Union voran.

Geschichte

Nach dem Ausbruch des Kalten Krieges, des Korea-Krieges 1950 und wegen einer akuten Furcht vor einem Angriff der UdSSR wurde im August 1950 von Winston Churchill eine europäische Armee mit west-deutscher Beteiligung gefordert, die mit den USA zusammenarbeiten sollte. Churchill hatte sich schon im März des gleichen Jahres für einen deutschen Verteidigungsbeitrag ausgesprochen, so dass die beratende Versammlung des Europarates am 11. August 1950 die Bildung einer europäischen Armee mit deutschen Kontingenten befürwortete. In den USA begann sich gleichzeitig die Vorstellung durchzusetzen, eine europäische Verteidigungsstreitmacht unter Führung der NATO aufzubauen. Erstmals sprach sich am 11. September 1950 der US-amerikanische Außenminister Dean Acheson für eine gemeinsame Europäische Armee unter deutscher Beteiligung aus.

Pleven-Plan

Der französische Ministerpräsident René Pleven schlug im Oktober 1950 konkret vor, eine Europaarmee unter einem europäischen Verteidigungsminister bzw. Ministerium zu schaffen. Dies sollte kein Bündnis sein, sondern eine Armee, die aus auf einer Einheitsebene integrierten Kontingenten besteht. Jeder Staat sollte einen Beitrag zu dieser Armee leisten, aber trotzdem noch seine eigenen Verbände unterhalten dürfen. Im November 1950 stimmte der Bundestag mit den Stimmen der Regierungsparteien einem deutschen Verteidigungsbeitrag auf der Basis des Pleven-Plans zu. Als Konsequenz des Plans zogen sich die Verhandlungen über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) vier Jahre hin. Im August 1954 nahm die französische Nationalversammlung den Vertrag über die EVG jedoch von der Tagesordnung, damit war der Pleven-Plan gescheitert

 

Aktuelle Versuche

Im April 2003 haben sich wieder Vertreter aus Deutschland, Frankreich, Belgien und Luxemburg getroffen um in einem Gipfel, einen neuen Anlauf für die Schaffung einer Europa-Armee im Rahmen der GSVP zu starten. Das dabei zu gründende Eurokorps könnte als Kern für eine europäische Interventionstruppe dienen, denn im Kosovo haben die europäischen Armeen bereits bewiesen, dass sie gut zusammenarbeiten können, eine bessere Abstimmung allerdings wünschenswert wäre. Spanien zeigte sich daran nicht interessiert, wohl um die guten Beziehungen zu den USA nicht zu gefährden. Deutschland legte viel Wert auf eine Teilnahme von Großbritannien, hierzu erklärte Elmar Brok (CDU): „Störend ist dabei in diesem aktuellen politischen Kontext, dass das alles vier Länder sind, die in der Irak-Krise im Anti-Flügel waren und es würde zur größeren Glaubwürdigkeit beitragen, wenn hier auch das eine oder andere Land, das im anderen Lager stand, dabei wäre.“ Zur Schaffung eines Eurokorps bräuchte man Gelder aus dem europäischen Haushalt, um dieser Armee den Weg zu ebnen

 

Im März 2007 sagte die deutsche Bundeskanzlerin und EU-Ratspräsidentin, Angela Merkel: „Wir müssen einer gemeinsamen europäischen Armee näher kommen. Die EU-Kommission wird handlungsfähiger werden, und zwar mit klar geregelten Zuständigkeiten.“[5] Bei der Münchner Sicherheitskonferenz am 6. Februar 2010 betonte der deutsche Außenminister Guido Westerwelle, dass Europa eine gemeinsame Armee braucht: „Die Europäische Union muss ihrer politischen Rolle als globaler Akteur gerecht werden. Sie muss eigenständig Krisenmanagement betreiben können und sie muss rasch, flexibel und im gemeinsamen Verbund handeln können.“[6]

Zudem sagte der belgische Regierungschef Guy Verhofstadt: „Eine europäische Armee aus 100.000 Soldaten würde die europäische Verteidigungsbereitschaft deutlich verbessern und die NATO stärken. Zudem würde eine EU-Armee Kosten sparen, weil die ineffiziente Aufteilung der Union in nationale Verteidigungsmärkte endlich überwunden würde

 

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen ist laut einem Bericht des Nachrichtensenders N-TV vom 31. Januar 2014 für das Zusammenlegen und Teilen der europäischen Armeen, womit sie für eine Bündelung und damit für eine Europaarmee stimmt

 

Streitkräfte und Abmachungen

Im Rahmen der Verträge zur Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik wurde eine Reihe von Institutionen gegründet. Dazu gehören der Militärausschuss (EUMC), der Militärstab (EUMS) mit der zivilen/militärischen Zelle, der Ausschuss für die zivilen Aspekte der Krisenbewältigung, die Europäische Verteidigungsagentur, das Satellitenzentrum der Europäischen Union (EUSC) und das Institut der Europäischen Union für Sicherheitsstudien (ISS). An den GSVP-Institutionen beteiligen sich alle Staaten der Europäischen Union (teilweise mit opt-ins von Norwegen und opt-outs von Dänemark). Als Streitkräfte dieser EU-weiten Abmachung steht eine mindestens 1500 Mann starke rotierende Zuordnung multinationaler Verbände in den EU Battlegroups bereit.

Hinzu treten einer Reihe multinationaler (nicht EU-weiter) Streitkräfte:

  • Das Eurokorps bildet mit etwa 60.000 Mann den Kern eines stehenden Heeres. Zur Deutsch-Französische Brigade kommen weitere Brigaden aus Deutschland, Frankreich, Belgien und Spanien. Polen beteiligt sich mit einer Brigade zu Ausbildungszwecken. Weitere Staaten entsenden Personal in den Korpstab und die Unterstützungsbrigade, derzeit Griechenland, Türkei, Polen, Italien, Rumänien, Österreich und die USA.
  • Den EUFOR-Operationen des EUMS unterstehen Truppen im Rahmen der Operation Althea in Bosnien-Herzegowina, der EUFOR Tchad/RCA im Tschad und der EUFOR RD Congo im Kongo.
  • Die EUROMARFOR wurde 1995 von Frankreich, Italien, Portugal und Spanien gegründet. Griechenland und die Türkei entsenden Beobachter. In Friedenszeiten sind der Europäischen Marine derzeit keine Truppenkontingente zugeordnet.
  • Die European Air Group wurden 1995 als Franco-British European Air Group (FBEAG) gegründet und 1997 erweitert. Derzeit beteiligen sich an den Europäischen Luftstreitkräften die Niederlande, Belgien, Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien und Großbritannien. Hinzu tritt die Indienststellung des Europäischen Lufttransportkommandos 2010, beteiligt sind daran derzeit die Niederlande, Belgien, Frankreich und Deutschland.
  • Die Europäische Gendarmerietruppe (EGF) ist die europäische Militärpolizei, gegründet 2006 von Frankreich, Italien, Spanien, Portugal und den Niederlanden. Rumänien beteiligt sich, Polen und Litauen sind Partner. Die Türkei entsendet Beobachter. Deutschland hat abgelehnt sich zu beteiligen (kasernierte Polizei rechtlich nur auf Landesebene und so nicht vergleichbar).
  • Das 1. Deutsch-Niederländisches Korps wurde als NATO Response Force weiterentwickelt, der Brigade unterstehen weitere Streitkräfte aus den Niederlanden, Deutschland, Belgien, Frankreich, Spanien, Dänemark, Türkei und Norwegen. Mit weiterem Personal sind 12 Ländern vertreten. Der EU-Eingreiftruppe unterstehen in Krisenzeiten mehr als 30.000 Mann, die stehenden 1200 Mann wurden bei Übernahme des NFOR-4 Turnus auf 8500 aufgestockt.

Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit

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Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS)

Flagge der OVKS
Flagge der OVKS
CSTO Map.svg
  • derzeitige Mitgliedstaaten der OVKS
  • ehemalige weitere Vertragspartner des VKS
Sitz Moskau
Arbeitssprache Russisch
Generalsekretär Nikolai Bordjuscha
Gründung
als VKS
- Vertragsschluss
- Inkrafttreten
als OVKS
- Vertragsschluss
- Inkrafttreten

- 15. Mai 1992
- 20. April 1994

- 7. Oktober 2002
- 18. September 2003

Die Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit, kurz: OVKS (russisch Организация Договора о коллективной безопасности - ОДКБ, ODKB, englisch Collective Security Treaty Organization – CSTO) ist eine am 7. Oktober 2002 in der moldauischen Hauptstadt Chișinău gegründete Internationale Organisation. Hervorgegangen ist sie aus einer mit dem Vertrag über kollektive Sicherheit (VKS) von 1992 begründeten Staatenkooperation.

Im deutschsprachigen Raum wird der Name der OVKS häufig fälschlich mit Rat für kollektive Sicherheit übersetzt. Hierbei handelt es sich aber um eines der Organe der OVKS, nicht um die Organisation selbst.

Im Rahmen des turnusmäßigen Vorsitzes in der OVKS hat Tadschikistan den Gründungsvertrag am 23. Dezember 2003 bei den Vereinten Nationen gem. Art. 102 Abs. 1 der UN-Charta registriert.

Mitgliedstaaten

Mitglieder der OVKS sind:

Beobachter sind:

Ehemalige Mitglieder sind:

  • AserbaidschanAserbaidschan Aserbaidschan (1999 Vertrag nicht verlängert)
  • GeorgienGeorgien Georgien (1999 Vertrag nicht verlängert)
  • UsbekistanUsbekistan Usbekistan (1999 Vertrag nicht verlängert, Wiedereintritt im Juni 2006, erneuter Austritt im Juni 2012)

Aufgaben

Aufgabe des Bündnisses ist die Gewährleistung der Sicherheit, Souveränität und territorialen Integrität der Mitgliedstaaten. Dies soll vornehmlich durch eine enge Zusammenarbeit in der Außenpolitik, in militärischen Angelegenheiten, in der Erforschung neuer militärischer Technologien sowie in der Bekämpfung grenzübergreifender Bedrohungen durch Terroristen und Extremisten erreicht werden.[1] Darüber hinaus hat sich die OVKS der Förderung einer demokratischen Weltordnung auf der Grundlage der allgemeinen Prinzipien des Völkerrechts verschrieben.[2]

Zum Tätigkeitsrepertoire zählen bisher insbesondere gemeinsame militärische Manöver der Mitgliedstaaten. Seit einigen Monaten arbeitet auch das Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) eng mit der OVKS zusammen.

Treffen der Staats-. und Regierungschefs der OVKS im Dezember 2010 in Moskau

 

Organe

Die Organisation gliedert sich in fünf Organe:

Als oberstes Direktivorgan fungiert ein Rat für kollektive Sicherheit, der sich aus den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten zusammensetzt. Er befasst sich mit den Hauptaufgaben der OVKS und beschließt die Maßnahmen zur Umsetzung der Organisationsziele. Die Beschlüsse des Rates sind für die Mitglieder und die Organisation bindend. Den Vorsitz des Rates hat das Staatsoberhaupt bzw. der Regierungschef des Landes inne, in dem die jährliche Haupttagung der OVKS stattfindet.[3]

Für drei Spezialbereiche wurden ein Rat der Außenminister, ein Rat der Verteidigungsminister sowie ein Komitee der Sekretäre der Sicherheitsräte geschaffen.

Einziges permanent arbeitendes Organ ist das Sekretariat. Sein Sitz ist Moskau, wobei ein Sitzabkommen zwischen der OVKS und der Russischen Föderation die Details der lokalen Rechtsstellung regelt. Die Mitarbeiter des Sekretariats rekrutieren sich aus den Mitgliedstaaten gemäß der jeweiligen Finanzbeiträge. Dem Sekretariat steht ein Generalsekretär vor, der zugleich höchster Verwaltungsbeamter der Organisation ist. Er wird für jeweils drei Jahre vom Rat für kollektive Sicherheit bestimmt. Seit dem 28. April 2003 bekleidet der ehemalige russische Geheimdienstler Nikolai Nikolajewitsch Bordjuscha dieses Amt.

Operation Kanal

Die OVKS-Operation "Kanal" wurde 2003 gestartet, damals nahmen sechs Länder daran teil, heute haben 21 Länder einen Teilnehmer- bzw. einen Beobachterstatus. In den fünf Jahren wurden bei durchgeführten Operationen über 75 Tonnen von Rauschgiftmitteln beschlagnahmt, darunter 20 Tonnen Opium, rund 130 000 Strafrechtsfälle wurden eingeleitet.

Unter den Operationsteilnehmern sind Russland, China, Iran, die USA, europäische Länder und seit 2007 auch Afghanistan. Der russische Außenminister Lawrow regte ferner während einer Sitzung des NATO-Russland-Rates im April 2011 an, bei der Durchführung der Operation künftig mit der NATO zusammenzuarbeiten.[4]

GUAM

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Vollmitglieder (orange)

GUAM (zwischenzeitlich GUUAM) – Organisation für Demokratie und Wirtschaftsentwicklung – ist eine Sicherheitsallianz der vier Länder Georgien, Ukraine, Aserbaidschan und Moldawien. Die Abkürzung setzt sich aus den Anfangsbuchstaben der Mitgliedstaaten zusammen.

Geschichte

GUAM-Logo auf einer Briefmarke zum Gipfeltreffen im Mai 2006 in Kiew

 

Die GUAM wurde am 10. Oktober 1997 in Straßburg (Frankreich) während des Gipfeltreffens des Europarats als informelle Vereinigung GUAM gegründet. Die GUAM, mit Unterstützung der USA gegründet, soll ein Gegengewicht zum Einfluss Russlands in der Region bilden

 

Die Allianz verlor zwischenzeitlich an Bedeutung. Usbekistan war 1999 Mitglied geworden, suspendierte seine Mitgliedschaft, trat der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) bei und schied dort am 5. Mai 2005 aus. Aserbaidschan orientierte sich zunehmend an der Türkei, Moldawien an Russland. Am Gipfeltreffen 2004 in Jalta nahmen nur zwei der fünf Staatsoberhäupter teil.

Nach dem Machtwechsel im Zuge der „Orangen Revolution“ in der Ukraine wurde die GUAM wiederbelebt. Die Ukraine und Georgien wollten sie zu einer Union jener Länder machen, die eine Integration in die euro-atlantischen Strukturen anstreben. Am Gipfeltreffen der GUAM am 22. April 2005 in Chișinău (Moldawien) nahmen deshalb auch die Präsidenten von Litauen und Rumänien, Valdas Adamkus und Traian Băsescu, sowie OSZE-Generalsekretär Ján Kubiš teil. Die Teilnehmer des Treffens verabschiedeten eine Deklaration über Demokratie vom Kaspischen bis zum Schwarzen Meer, die sich mit der Entwicklung von Demokratie, Wirtschaft sowie Sicherheit und Stabilität in den Mitgliedsländern befasst.

Beim Gipfeltreffen am 23. Mai 2006 in Kiew unterzeichneten die vier Präsidenten der Mitgliedstaaten, Wiktor Juschtschenko, Micheil Saakaschwili, İlham Əliyev und Vladimir Voronin, das Statut der Organisation Für Demokratie und Wirtschaftsentwicklung – GUAM. Damit wurde die informelle Vereinigung in eine vollwertige Internationale Organisation umgewandelt

Generalsekretär der GUAM ist der frühere georgische Finanzminister Waleri Tschetschelaschwili.

Derzeitige Vollmitglieder

ANZUS-Abkommen

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Lagekarte der drei ANZUS-Mitgliedstaaten Australien, Neuseeland und Vereinigte Staaten
John Howard und George Bush 2001 beim 50. Jahrestag der militärischen Allianz zwischen Australien und den Vereinigten Staaten

 

Das ANZUS-Abkommen, benannt nach den teilnehmenden Staaten Australien, Neuseeland und den USA (Australia, New Zealand, United States), auch Pazifikpakt genannt, wurde am 1. September 1951 in Canberra unterzeichnet und ist am 28. April 1952 gleichzeitig mit dem japanischen Friedensvertrag in Kraft getreten. Der Zweck dieses Abkommens war die Sicherung des pazifischen Raumes, ursprünglich vor allem gegen eine erneut mögliche japanische Aggression im Fernen Osten. Ergänzt wurde der Pakt durch den zum gleichen Zeitpunkt in Kraft getretenen Verteidigungspakt USA-Philippinen, 1955 erweitert durch den Südostasienpakt mit zusätzlicher Beteiligung von Frankreich, Großbritannien, Pakistan, den Philippinen und Thailand mit Sitz in Bangkok. 1977 wurde der Südostasienpakt aufgelöst. Organ ist der im August 1952 geschaffene ANZUS-Rat, bestehend aus den drei Außenministern.

1986 setzten die USA ihre Verpflichtungen aus dem ANZUS-Vertrag gegenüber Neuseeland aus. Dies geschah infolge der Entscheidung der neuseeländischen Regierung unter David Lange, nukleargetriebenen oder mit Nuklearwaffen bestückten Schiffen das Anlaufen neuseeländischer Häfen zu verweigern. Die Bezeichnung ANZUS wurde dennoch beibehalten. Dieser Vorfall belastet bis heute die neuseeländisch-amerikanischen Beziehungen.

Interamerikanischer Vertrag über gegenseitigen Beistand

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     Der Interamerikanische Vertrag über gegenseitigen Beistand (spanisch Tratado Interamericano de Asistencia Recíproca, TIAR; französisch Traité interaméricain d’assistance réciproque; englisch Inter-American Treaty of Reciprocal Assistance) ist ein interamerikanischer Beistandspakt. Er wird auch als Pakt von Rio oder Rio-Pakt bezeichnet. Nach diesem Vertrag tritt bei äußeren Bedrohungen der amerikanischen Mitgliedstaaten der gemeinsame Verteidigungsfall ein.

Ziel

Der Vertrag sieht sowohl die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zwischen Staaten der westlichen Hemisphäre vor als auch die gemeinsame Verteidigung des Gebiets zwischen der Beringsee und dem Südpol gegen Angriffe von außen. Er kann als die zunächst erfolgreiche Formalisierung der Hemisphären-Verteidigungspolitik (siehe Monroe-Doktrin) der Vereinigten Staaten während des Zweiten Weltkrieges verstanden werden.

Inhalt

Der Rio-Pakt legte fest, dass der Angriff auf einen amerikanischen Staat als ein Angriff auf alle amerikanischen Staaten gewertet wird (Art. 1, Abschn. 3); in einem solchen Fall oder bei Gefahr eines Angriffs sollten die Außenminister aller Unterzeichnerstaaten informiert werden (Art. 6); der Vertrag legte zudem eine Reihe von Sanktionsmöglichkeiten fest, die vom gemeinsamen Beratungsorgan in Betracht gezogen werden konnten

 

In-Kraft-Treten

Der Vertrag wurde 1947 in Rio de Janeiro auf der Interamerikanischen Verteidigungskonferenz angenommen und von den meisten Mitgliedsländern 1948 ratifiziert. Mit der Unterzeichnung durch Costa Rica am 3. Dezember 1948 wurde der Vertrag gültig. 1948 wurde auch die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) gegründet, um den Rio-Pakt zu erfüllen und als ein gemeinschaftliches Sicherheitssystem zu dienen. Mit dem ein Jahr später unterzeichneten Amerikanischen Vertrag über die friedliche Streitschlichtung verpflichten sich eine Reihe amerikanischer Staaten darüber hinaus, Konflikte untereinander ausschließlich mit friedlichen Mitteln beizulegen.

Aktuelle Mitgliedstaaten

Karte der aktuellen Mitgliedstaaten (dunkelblau) und ehemalige Mitgliedstaaten (hellblau)
ArgentinienArgentinien Argentinien El SalvadorEl Salvador El Salvador PanamaPanama Panama
BahamasBahamas Bahamas GuatemalaGuatemala Guatemala ParaguayParaguay Paraguay
BrasilienBrasilien Brasilien HaitiHaiti Haiti PeruPeru Peru
ChileChile Chile HondurasHonduras Honduras Trinidad und TobagoTrinidad und Tobago Trinidad und Tobago
Costa RicaCosta Rica Costa Rica KolumbienKolumbien Kolumbien UruguayUruguay Uruguay
Dominikanische RepublikDominikanische Republik Dominikanische Republik

Vereinigte StaatenVereinigte Staaten Vereinigte Staaten

 

Wirkung

Der Vertrag spielte in den 1950er und 1960er Jahren eine größere Rolle. Seit seiner Gründung bis vor dem Falklandkrieg kam der Vertrag 21 Mal zur Anwendung: Zehnmal wegen Grenzstreitigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten oder wegen Souveränitätsverletzungen, siebenmal im Kampf gegen den Kommunismus und viermal wegen Umsturzversuche eines Staates gegenüber einem anderen.[2] Im Zuge der Krise in den Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und den lateinamerikanischen Ländern verlor er dann an Bedeutung.

Im Falklandkrieg 1982 fanden sich die Vereinigten Staaten in einer Zwickmühle wieder, insofern sie sowohl durch den TIAR als auch durch die Special Relationship mit Großbritannien gebunden waren. Die NATO-Verträge waren nicht relevant, da sie alle Territorien südlich des Nördlichen Wendekreises in Art. 6 ausklammern. Die USA ergriffen nach gescheiterten Vermittlungsversuchen Partei für das Vereinigte Königreich.

Als letzter Unterzeichnerstaat sind die Bahamas 1982 beigetreten. Peru hat am 22. Januar 1990 den Austritt angekündigt, dies jedoch am 16. Dezember 1991 vor Ablauf einer Zweijahresfrist wieder zurückgezogen. Als Konsequenz aus den Erfahrungen während der Falklandkrise und in Antizipation des Irakkrieges trat Mexiko 2002 mit Wirksamkeit zum Jahr 2004 aus dem Vertrag aus.

Am 5. Juni 2012 leiteten die Mitgliedstaaten der Bolivarianischen Allianz für AmerikaBolivien, Ecuador, Nicaragua und Venezuela – ebenfalls den zweijährigen Austritt nach Artikel 25 des Vertrags ein.[3] Am 4. Februar 2014 unterzeichnete Präsident Rafael Correa das Dekret Nr. 217, durch das Ecuador aus dem TIAR austrat.[4]

Arabische Liga

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Liga der Arabischen Staaten
LAS

Logo der Arabischen Liga

Flagge der Arabischen Liga

Arabische Bezeichnung جامعة الدول العربية
Dschāmiʿat ad-Duwal al-ʿArabiyya
Organisationsart Regionale politische Kooperation
Sitz der Organe

Kairo (Ägypten) (seit 1990)
(1979-1990 Tunis)

  • Parlament
  • Rat der Arabischen Liga
Vorsitz fünfjährlich wechselnd
(Wiederwahl möglich)
Generalsekretär Nabil Elaraby
Mitgliedstaaten

22

Fläche 13.174.721 km²[1]
Nordafrika: 9.354.579 km²
(mit Sinai)
Westasien: 3.820.142 km²
Einwohnerzahl 370 Millionen (2013)[2]
Nordafrika: 220 Mio. (mit Sinai)
Westasien: 150 Mio.
Bevölkerungsdichte 28,1 (2013) Einwohner pro km²
Bruttoinlandsprodukt

2.219 Mrd. US$[3] (nominal, 2013)[4]

Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner

5.997 US$ (Schätzung, 2013)

Zeitzone UTC±0 bis UTC+4
Tochterorganisationen
http://www.lasportal.org

 

Die Arabische Liga (arabisch ‏جامعة الدول العربية‎ dschāmiʿat ad-duwal al-ʿarabiyya, DMG ǧāmiʿat ad-duwal al-ʿarabīya ‚Liga der arabischen Staaten‘) (LAS) ist eine Internationale Organisation arabischer Staaten und wurde am 22. März 1945 in Kairo gegründet, wo sie auch ihren Sitz hat. Sie besteht aus 22 Mitgliedern, d.h. 21 Nationalstaaten in Afrika und Asien sowie dem international nicht vollständig anerkannten Staat Palästina, der durch die PLO vertreten wird.

Ziele

Als Hauptziel des Staatenbundes gilt die Förderung der Beziehungen der Mitglieder auf politischem, kulturellem, sozialem und wirtschaftlichem Gebiet (Finanz-, Transport- und Gesundheitswesen sowie Kultur und Medien). Ebenso soll die Unabhängigkeit und Souveränität der Mitgliedstaaten und der arabischen Außeninteressen gewahrt werden. Streitfälle der Mitglieder untereinander sollen verhütet und geschlichtet werden. Außerdem soll die Anerkennung der Palästinensischen Autonomiegebiete als unabhängiger Staat Palästina erreicht werden

 

Geschichte

Gründung und Entstehungskontext

Die Gründung der Arabischen Liga kann als direkte Reaktion auf die politische Situation im Nahen Osten und die weltpolitische Entwicklung während des Zweiten Weltkriegs angesehen werden. Der erste und wichtigste Schritt auf dem Weg zur Gründung dieser Organisation, die größtenteils unter der Herrschaft des osmanischen Sultans stand, war das Entstehen eines „arabischen Nationalismus“ in der Region gegen Ende des 19. Jahrhunderts.

Nachdem die Araber an der Seite der Alliierten im Ersten Weltkrieg (1914 – 1918) gegen das Osmanische Reich kämpften, erhofften sie sich einen eigenen, unabhängigen Staat als Dank für die Unterstützung. Nach Ende des Krieges wurden die betroffenen Gebiete jedoch unter Franzosen (Syrien, Libanon) und Briten (Palästina, Irak, Transjordanien) aufgeteilt, die jedoch in der Innenpolitik weitgehend autonom waren. Bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs wurden die Gebiete - bis auf Palästina - jedoch in die Unabhängigkeit entlassen. Das Hauptaugenmerk dieser neu gegründeten Staaten lag auf der Sicherung ihrer Unabhängigkeit und die Schaffung einer arabischen Einheit. Letztere wurde zunehmend infrage gestellt durch die verstärkte jüdische Zuwanderung in Palästina (v.a. seit der „Balfour-Deklaration“ 1917). Daraus resultierte die Furcht der Araber vor einer Neueinteilung der Gebiete nach der Konferenz von Teheran 1943, der man nur durch gemeinsame und koordinierte Bemühungen begegnen könne.

Ein weiterer Faktor für die Gründung der Arabischen Liga war die geänderte Haltung der britischen Regierung im Verlauf des Zweiten Weltkriegs, v.a. infolge des Vormarschs deutscher und italienischer Truppen in Nordafrika 1941. Der britische Außenminister Anthony Eden ermunterte die Araber zur Bildung einer politischen Einheit, wobei er sich für Großbritannien eine langfristige Sicherung seiner Interessen versprach. Jedoch hatten die verschiedenen arabischen Regierungen eigene Vorstellungen von einer arabischen Einheit, die von den jeweils anderen kategorisch abgelehnt wurden. Ägypten stellte sich bald als treibende Kraft („major motivating force behind the League’s foundation“) heraus, das eine Vermittlerposition zwischen den verschiedenen Interessen einnahm. Es befürwortete die Gründung einer multifunktionalen Föderation der arabischen Staaten.

Nach einem ersten Vorbereitungstreffen in Alexandria im September 1944, wurde am 7. Oktober desselben Jahres das „Protokoll von Alexandria“ (sog. Memorandum of Understanding) unterzeichnet, das einen lockeren Zusammenschluss in Form einer Liga unabhängiger Staaten vorsah. Ein „politisches Subkomitee“ traf sich daraufhin im Februar und März 1945 in Kairo, um den Entwurf eines Paktes für die Arabische Liga auszuarbeiten. Dieser wurde dem Vorbereitungskomitee vorgelegt, der es am 22. März 1945 unterzeichnete. Der „Pakt der Liga der Arabischen Staaten“ trat am 11. Mai 1945 in Kraft. Zu den sieben Gründungsstaaten gehörten: Königreich Ägypten, Königreich Irak, Libanesische Republik, Königreich Saudi-Arabien, Arabische Republik Syrien, Emirat Transjordanien, Königreich Jemen

 

Entwicklung seit der Gründung

Der erste große Härtetest für die junge Liga war der verlorene Palästinakrieg von 1948/49. Nachdem die britische Regierung am Ende des Zweiten Weltkriegs deutlich werden ließ, auch das Mandatsgebiet Palästina zu räumen, musste eine Lösung für diesen Raum gefunden werden. Die stetig anwachsende jüdische Einreisewelle, v.a. infolge des Holocausts in Europa, verärgerte die mehrheitlich arabische ansässige Bevölkerung, die auf diesem Gebiet einen unabhängigen Staat für sich beanspruchte. Die Vereinten Nationen beschlossen daraufhin einen Teilungsplan für Palästina, der das Gebiet in einen jüdischen und arabischen Staat unterteilte und Jerusalem als neutrales „corpus separatum“ deklarierte. Als sich die britischen Alliierten am 14. Mai 1948 zurückzogen, kam es zu einer arabischen Invasion, nachdem Israel am selben Tag seine Unabhängigkeit erklärt hatte.

Die Staaten der Arabischen Liga erwiesen sich bald als die schwächeren, Israel konnte sein Staatsgebiet erheblich erweitern, lediglich der Gazastreifen (Ägypten) und die West Bank (Jordanien) blieben unter arabischer Führung, Jerusalem wurde geteilt. Der verlorene Palästinakrieg hatte für die arabischen Herrscher auch innenpolitische Konsequenzen: Die Staatsoberhäupter Syriens, Ägyptens und des Irak wurden in den folgenden Jahren gestürzt. Der neue starke Mann Ägyptens, Gamal Abdel Nasser, unterlag zwar auch 1956 während der Suezkrise der israelischen Armee, konnte sich dennoch als Anführer einer nationalistischen Bewegung im arabischen Raum durchsetzen. Unter seiner Ägide wurden Ägypten und Syrien 1958 zur „Vereinigten Arabischen Republik“ zusammengeschlossen, das Bündnis zerbrach drei Jahre später jedoch wieder.

Zum Schutz Kuwaits vor irakischen Annexionsversuchen wurde 1961 eine Interarabische Sicherheitstruppe unter dem Mandat der Liga entsandt. Die Arabische Liga wirkte am Aufbau der Palästinensischen Befreiungsorganisation 1964 mit, die gewaltsam zur Befreiung Palästinas aufrief und für viele gezielt gegen Israel gerichtete Anschläge in den folgenden Jahren verantwortlich war. Ein zweiter Versuch arabischer Staaten (Ägypten, Jordanien, Syrien), Israel zu vernichten, scheiterte im Juli 1967 im Sechstagekrieg. Israel kontrollierte nun den gesamten Sinai, den Gazastreifen, die West Bank und die Golanhöhen, sowie die gesamte Stadt Jerusalem. Im September desselben Jahres bekräftigten die Mitglieder der Liga bei einer Resolution ihre Haltung gegenüber Israel („Three No’s“: Kein Frieden mit Israel, keine Anerkennung Israels, keine Verhandlungen mit Israel). Nach einem Überraschungsangriff Syriens und Ägyptens im Oktober 1973 am höchsten Feiertag des jüdischen Kalenders (Jom Kippur) konnte die israelische Armee ebenfalls die drohende Vernichtung abwehren.

Ein Machtkampf zwischen der PLO und dem jordanischen Königshaus (Schwarzer September) Anfang der 1970er Jahre führte zur Ausweisung der Kämpfer aus Jordanien, neue Basis wurde der Libanon. Dort bekämpfte sie in einem Bürgerkrieg lokale christliche (Phalange) und schiitische (Amal) Milizen. Auf dem Treffen der Arabischen Liga 1974 wurde sie dennoch als einzige rechtmäßige Vertreterin des palästinensischen Volkes anerkannt und nimmt seitdem die Mitgliedschaft für den „Staat Palästina“ wahr. Im Libanesischen Bürgerkrieg hingegen intervenierte 1976 eine hauptsächlich von Syrien gestellte Interarabische Sicherheitstruppe mit dem Mandat der Liga zuungusten der muslimischen und palästinensischen Milizen.

1979 wurde Ägypten aus der Liga ausgeschlossen, da dessen Präsident Anwar as-Sadat einen Friedensvertrag mit Israel geschlossen hatte. Das Hauptquartier wurde daraufhin nach Tunis verlegt, ehe zehn Jahre später Ägypten wieder aufgenommen wurde und der Sitz nach Kairo zurückkehrte. Vergeblich hatte Sadat 1980 mit der Liga der arabischen und islamischen Völker eine Gegenorganisation aufzubauen versucht, Sadats Nachfolger Mubarak löste die Sadat-Liga 1983 wieder auf.

Zu Beginn der 1980er Jahre verlegte sich der Fokus der Araber auf einen weiteren Konflikt. Im Zuge der Islamischen Revolution 1979 kam es ein Jahr später zu einem Krieg zwischen dem Iran und dem Irak. Die Arabische Liga befürchtete die Expansion der Revolution und unterstützte den irakischen Präsidenten, Saddam Hussein. Der Erste Golfkrieg endete nach acht Jahren durch einen Waffenstillstand ohne Sieger nach hohen Verlusten auf beiden Seiten

 

Während der Irak sich in diesem Krieg der Unterstützung durch den Westen und der Sowjetunion sicher sein konnte, stieß seine zwei Jahre später durchgeführte Invasion in Kuwait auf erheblichen Widerstand in der Weltgemeinschaft. 1991 befreite eine internationale Koalition unter US-amerikanischer Führung und massiver Beteiligung von Staaten der Arabischen Liga das besetzte Emirat. Die Arabische Liga trat hier aber keinesfalls mit einer gemeinsamen Linie auf, v.a. Libyen und die PLO opponierten gegen die Befreiung, einige Länder enthielten sich.

Nachdem Israelis und Palästinenser Anfang der 1990er Jahre erstmals Kompromisse über den Status Palästinas fanden (Oslo I), schlossen Israel und Jordanien 1994 einen Friedensvertrag ab. Auch die Beziehungen zu den Golfstaaten verbesserten sich und es wurden Handelsbeziehungen aufgenommen.

2002 einigte sich die Arabische Liga auf eine gemeinsame Friedensinitiative gegenüber Israel, in der man die Aufnahme normaler Beziehungen bei gleichzeitiger Rückgabe der besetzten Gebiete an die Palästinenser versprach. Die Reaktion der israelischen Regierung war allerdings zurückhaltend, auch im Kontext der Zweiten Intifada, die zu Terroranschlägen von palästinensischen Organisationen im Kernland Israels führten und viele zivile Opfer forderte. 2007 erneuerten die Führer der Arabischen Liga bei einem Gipfel in Riad ihr Angebot, das von israelischer Seite aber nicht aufgegriffen wurde.

Die Liga lehnte 2003 eine Beteiligung am (zweiten) Irakkrieg ab, das bekräftigte sie bei einem Gipfel in Scharm El-Scheich Anfang März 2003. Dennoch nutzten die USA und ihre Verbündeten Luftwaffenstützpunkte in den Golfstaaten, das United States Central Command (USCENTCOM) mit Sitz in Doha (Katar) koordinierte den Waffengang der Alliierten. Die Bodenoffensive wurde von kuwaitischem, saudi-arabischem und (später) jordanischem Territorium aus gestartet. Die neue Regierung des Irak wird nun von der Arabischen Liga immens unterstützt, im März 2012 fand erstmals ein Gipfeltreffen der Arabischen Liga in Bagdad statt.

Mitgliedstaaten

Die Arabische Liga gehört zu den wenigen regionalen Organisationen (neben der lateinamerikanischen CELAC, die sich ebenso über eine gemeinsame Sprache definiert), welche auf zwei Kontinente (Asien und Afrika) verteilt sind. Ihre Fläche ist mit ca. 13 Mio. km² etwa dreimal so groß wie die der EU. Sie besteht zum größten Teil aus Wüstengebieten, dazu gehören u. a. die Sahara (größte Trockenwüste der Welt) und die Rub al-Khali (größte Sandwüste der Welt). Fruchtbare Gebiete liegen u.a. im Niltal, im marokkanischen Atlasgebirge und im sog. „Fruchtbaren Halbmond“ (Levante, Nordsyrien, Zweistromland). Es lassen sich Zeugnisse vieler antiker Zivilisationen in diesem Raum finden, dazu zählen z.B. das Alte Ägypten, Israel und Judäa, Babylonien, Phönizien oder Karthago.

Alle Mitgliedstaaten sind auch Mitglieder der Organisation der Islamischen Konferenz (OIC), diese sind:

Staat Hauptstadt Beitritt bzw.
Mitgliedschaft
BV1[8] Staatsform Staatsoberhaupt Regierungschef Weitere
Amtssprache
AgyptenÄgypten Ägypten Kairo 1945–1979,
seit 1989
84,7 Übergangsregierung Adly Mansour (vakant)
AlgerienAlgerien Algerien Algier 1962 38,3 Präsidialrepublik Abdelaziz Bouteflika Ahmed Ouyahia
BahrainBahrain Bahrain Manama 1971 1,1 Konstitutionelle Monarchie König Hamad bin Isa al-Chalifa Prinz Chalifa bin Salman al-Chalifa
DschibutiDschibuti Dschibuti Dschibuti-Stadt 1977 0,9 Präsidialrepublik Ismail Omar Guelleh Dileita Mohamed Dileita Französisch
IrakIrak Irak Bagdad 1945 35,1 Parlamentarische Republik Jalal Talabani Nuri al-Maliki Kurdisch
JemenJemen Jemen Sanaa 1945 Südjemen
1967 Nordjemen

1990 vereinigt
25,2 Präsidialrepublik Abd Rabbuh Mansour al-Hadi Mohammed Basindawa
JordanienJordanien Jordanien Amman 1945 7,3 Konstitutionelle Monarchie König Abdullah II. bin al Hussein Abdullah Ensour
KatarKatar Katar Doha 1971 2,2 Absolute Monarchie Emir Tamim bin Hamad Al Thani Hamad bin Jassim al-Thani
KomorenKomoren Komoren Moroni 1993 0,8 Präsidialrepublik Ikililou Dhoinine (entspricht dem Staatsoberhaupt) Französisch, Komorisch
KuwaitKuwait Kuwait Kuwait-Stadt 1961 3,5 Konstitutionelle Monarchie Emir Sabah al Ahmad al Jaber al-Sabah Dschabir Mubarak al-Hamad as-Sabah
LibanonLibanon Libanon Beirut 1945 4,8 Parlamentarische Republik Michel Suleiman Najib Miqati
LibyenLibyen Libyen Tripolis 1953–2011,
seit 20112
6,5 Übergangsregierung Nuri Busahmein Ali Seidan
MarokkoMarokko Marokko Rabat 1958 33,0 Konstitutionelle Monarchie König Mohammed VI. Abdelillah Benkirane Tamazight
MauretanienMauretanien Mauretanien Nouakchott 1973 3,7 Präsidialrepublik Mohamed Ould Abdel Aziz Moulaye Ould Laghdaf
OmanOman Oman Muscat 1971 4,0 Absolute Monarchie Sultan Qaboos bin Said al-Said (entspricht dem Staatsoberhaupt)
Flag of Palestine.svg Palästina Ramallah 1976 4,4 Semipräsidentielle Republik Mahmoud Abbas Rami Hamdallah
Saudi-ArabienSaudi-Arabien Saudi-Arabien Riad 1945 30,1 Absolute Monarchie König Abdullah bin Abdul Aziz al-Saud (entspricht dem Staatsoberhaupt)
SomaliaSomalia Somalia Mogadischu 19743 10,4 Präsidialrepublik Hassan Sheikh Mohamud Abdi Farah Shirdon Said Somali
SudanSudan Sudan Khartum 19564 34,2 Präsidialrepublik Omar al-Baschir (entspricht dem Staatsoberhaupt) Englisch
SyrienSyrien Syrien Damaskus 1945–2011,
seit 20135
21,9 Präsidialrepublik Moas al-Chatib[9][10][11]

Baschar al-Assad5

Ghassan Hitto

Wael al-Halqi5

TunesienTunesien Tunesien Tunis 1958 10,9 Präsidialrepublik Moncef Marzouki Hamadi Jebali
Vereinigte Arabische EmirateVereinigte Arabische Emirate Vereinigte Arabische Emirate Abu Dhabi 1971 9,3 Wahlmonarchie,
Föderation autonomer Emirate
Sheikh Chalifa bin Zayed al-Nahyan
(Emir Abu Dhabi)
Sheikh Mohammed bin Rashid al-Maktoum
(Emir Dubai)

1 Geschätzte Bevölkerung 2013, in Millionen.
2 Libyens Mitgliedschaft wurde aufgrund des Regierungsumsturzes zeitweise ausgesetzt.
3 Somaliland erklärte sich 1991 einseitig für unabhängig und ist de facto ein eigener Staat, wird aber weiterhin zu Somalia gezählt.
4 Seit der Unabhängigkeit am 9. Juli 2011 ohne Südsudan.
5 2011 wurde Syrien als Mitgliedstaat suspendiert. Seit dem 26. März 2013 nimmt die Syrische Nationalkoalition die Mitgliedschaft wahr. Die Regierung von Baschar al-Assad wird von der Arabischen Liga überwiegend nicht mehr als legitime Vertretung des Syrischen Volkes angesehen.

Beobachter

Beobachterstatus haben folgende fünf Länder:

Staat Bemerkung
BrasilienBrasilien Brasilien Hat eine einflussreiche arabische Minderheit
EritreaEritrea Eritrea Arabisch ist Landessprache
IndienIndien Indien
TurkeiTürkei Türkei
VenezuelaVenezuela Venezuela Hat eine einflussreiche arabische Minderheit

 

Beobachter sind außerdem folgende EU-Staaten: Bulgarien, Estland, Irland, Italien, Lettland, Malta, Portugal, Schweden, Spanien, Zypern. Auch das österreichische Außenministerium plant, als Beobachter aufgenommen zu werden

Organisation und Aufbau

Gemäß dem „Pakt der Arabischen Liga“ (PLAS) sind zwei Hauptorgane vorgesehen: Der Rat der Arabischen Liga und das Generalsekretariat. Ferner sind permanente Komitees für bestimmte Aufgabenbereiche etabliert worden. Der Aufbau eines Arabischen Gerichtshofes ist ebenfalls vorgesehen, dies wurde allerdings bislang nicht umgesetzt

 

Rat der Arabischen Liga (Ligarat)

 

Gemäß dem PLAS ist der Ligarat das oberste Beschlussorgan und die höchste Autorität innerhalb des Systems der Arabischen Liga. Dieser tagt halbjährlich und Entscheidungen werden für gewöhnlich im Konsens getroffen. Seit 2000 kommt er im Frühjahr als Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs zusammen.

 

Generalsekretariat

 

Neben dem Rat der Arabischen Liga ist das Generalsekretariat eines der Hauptorgane gemäß dem PLAS, das ca. 460 Mitarbeiter beschäftigt. Es fungiert als Verwaltungsorgan und trägt Verantwortung für alle technischen und administrativen Vorgänge innerhalb der Arabischen Liga. Außerdem ist es zuständig für die Koordination und Unterstützung der Arbeit von Sonderorganisationen und anderen Institutionen im Rahmen der Liga. Generalsekretariat und Generalsekretär werden vom Rat fünfjährlich mit Wiederwahloption gewählt.

Technische Komitees

Die sog. „technischen Komitees“ waren in den Anfangsjahren der Liga von größerer Bedeutung. Im Zuge einer Umstrukturierung 1988 wurden viele Komitees aufgelöst, heute sind das Komitee für finanzielle und administrative Angelegenheiten sowie das Informations- und Rechtskomitee von größerer Wichtigkeit. Ihre Aufgaben sind die Festlegung der Prinzipien und der Reichweite der Zusammenarbeit der Mitglieder untereinander und die Entwicklung von Resolutionsentwürfen, Vorschlägen und Empfehlungen, die dem Ligarat zur Entscheidung vorgelegt werden. Des Weiteren bearbeiten die Komitees Anfragen, die von Seiten des Ligarats oder des Generalsekretariats an sie gerichtet werden. Sie fungieren deshalb als Vorbereitungs- und Beratungsorgan des Ligarats. Jedes Mitgliedsland entsendet mindestens einen Delegierten in jedes der technischen Komitees.

Arabische Gipfelkonferenz

Die Arabische Gipfelkonferenz setzt sich aus den obersten Repräsentanten der Mitgliedstaaten der Arabischen Liga zusammen. Diese findet auf Ebene der Staatsoberhäupter (nicht auf der Ebene der Regierungschefs) in der Regel jedes Jahr im März statt. Die erste Gipfelkonferenz wurde erst knapp 20 Jahre nach der Gründung der Liga 1964 in Kairo abgehalten, eine wirkliche Institutionalisierung dieses Gipfels fand bis 2000 nicht statt.

Arabisches Parlament

 

Auf dem 23. Gipfeltreffen der Liga in Amman 2001 einigten sich die Arabischen Staaten auf die Einrichtung eines Arabischen Parlamentes unter Leitung des Generalsekretärs. Zurzeit befindet es sich noch im Aufbau, ein provisorisches Parlament wurde aber im Kairoer Liga-Hauptsitz eingerichtet. Seit 2004 besitzt es grundsätzlich rein beratende Funktion und umfasst 88 Abgeordnete, die mit je 4 Personen aus den Mitgliedsländern stammen

 

Gipfeltreffen

Datum Staat Ort Bemerkung
28. bis 29. Mai 1946 Vereinigte Arabische RepublikVereinigte Arabische Republik Vereinigte Arabische Republik Anshas inoffiziell
13. bis 15. November 1956 LibanonLibanon Libanon Beirut inoffiziell
1. 13. bis 17. Januar 1964 Vereinigte Arabische RepublikVereinigte Arabische Republik Vereinigte Arabische Republik Kairo
2. 5. bis 11. September 1964 Vereinigte Arabische RepublikVereinigte Arabische Republik Vereinigte Arabische Republik Alexandria
3. 13. bis 17. September 1965 MarokkoMarokko Marokko Casablanca
4. 29. August bis 1. September 1967 Sudan 1956Sudan Sudan Khartum
5. 21. bis 23. Dezember 1969 MarokkoMarokko Marokko Rabat
6. 21. bis 27. September 1970 Vereinigte Arabische RepublikVereinigte Arabische Republik Vereinigte Arabische Republik Kairo 1. Nottreffen
7. 26. bis 28. November 1973 AlgerienAlgerien Algerien Algier
8. 29. Oktober 1974 MarokkoMarokko Marokko Rabat
9. 17. bis 28. Oktober 1976 Saudi-ArabienSaudi-Arabien Saudi-Arabien Riad 2. Nottreffen
10. 25. bis 26. Oktober 1976 Agypten 1972Ägypten Ägypten Kairo
11. 2. bis 5. November 1978 Irak 1963Irak Irak Bagdad
12. 20. bis 22. November 1979 TunesienTunesien Tunesien Tunis
13. 21. bis 22. November 1980 JordanienJordanien Jordanien Amman
14. 25. November 1981
6. bis 9. September 1982
MarokkoMarokko Marokko Fès 1. Teil1
2. Teil
15. 7. bis 9. September 1985 MarokkoMarokko Marokko Casablanca 3. Nottreffen
16. 8. bis 12. November 1987 JordanienJordanien Jordanien Amman 4. Nottreffen
17. 7. bis 9. Juni 1988 AlgerienAlgerien Algerien Algier 5. Nottreffen
18. 23. bis 26. Juni 1989 MarokkoMarokko Marokko Casablanca 6. Nottreffen
19. 28. bis 30. März 1990 Irak 1963Irak Irak Bagdad 7. Nottreffen
20. 9. bis 10. August 1990 AgyptenÄgypten Ägypten Kairo 8. Nottreffen
21. 22. bis 23. Juni 1996 AgyptenÄgypten Ägypten Kairo 9. Nottreffen
22. 21. bis 22. Oktober 2000 AgyptenÄgypten Ägypten Kairo 10. Nottreffen
23. 27. bis 28. März 2001 JordanienJordanien Jordanien Amman Institutionalisierung
24. 27. bis 28. März 2002 LibanonLibanon Libanon Beirut
25. 1. März 2003 AgyptenÄgypten Ägypten Scharm El-Scheich
26. 22. bis 23. Mai 2004 TunesienTunesien Tunesien Tunis
27. 22. bis 23. März 2005 AlgerienAlgerien Algerien Algier
28. 28. bis 30. März 2006 SudanSudan Sudan Khartum
29. 27. bis 28. März 2007 Saudi-ArabienSaudi-Arabien Saudi-Arabien Riad
30. 29. bis 30. März 2008 SyrienSyrien Syrien Damaskus
31. 28. bis 30. März 2009 KatarKatar Katar Doha
32. 30. März bis 1. April 2010 LibyenLibyen Libyen Sirte
33. 27. bis 29. März 2012 IrakIrak Irak Bagdad verschoben2
34. 21. bis 27. März 2013 KatarKatar Katar Doha
35. 25. bis 26. März 2014 KuwaitKuwait Kuwait Kuwait-Stadt

1 Endete ohne Einigung über das Abschlussprotokoll und ohne Teilnahme Ägyptens. Es war das kürzeste Treffen und dauerte nur 5 Stunden.
2 Ursprünglich geplant für März bzw. Mitte Mai 2011, aufgrund des Arabischen Frühlings verschoben auf März 2012.

Sonderorganisationen der Liga

  • Der „Arab Fund for Economy and Social Development“ (kurz: AFESD) ist ein Fonds, welcher wirtschaftliche und soziale Entwicklungsprojekte in den Mitgliedstaaten der Arabischen Liga durch Darlehen und Investitionen an Regierungen unterstützt und finanziert. Mit Ausnahme der Komoren sind alle Liga-Mitglieder Mitglieder des Fonds. Das gezeichnete Kapital erreichte Ende 1993 2,223 Milliarden US$, 2003 waren es 7,3 Milliarden US$.
  • Die Arab Air Carriers Organization (kurz: AACO) ist eine 1965 gegründete Vereinigung der arabischen Fluggesellschaften. Alle Airlines der Mitgliedstaaten sind an der Teilnahme berechtigt, aber nicht zwangsläufig daran gebunden.
  • Der „Arab Monetary Fund“ (kurz: AMF) wurde am 27. April 1976 gegründet und nahm ein Jahr später die Arbeit auf. Mit Ausnahme von Dschibuti und Saudi-Arabien sind alle Liga-Mitglieder Mitglieder des Fonds. Wie der AFESD soll auch der AMF Entwicklungsprojekte unterstützen sowie zur Stabilisierung der Wechselkurse der arabischen Währungen beitragen. Des Weiteren gilt als langfristiges Ziel die Einführung einer einheitlichen Währung.
  • Die „Arabische Wirtschaftsentwicklungsbank“ (kurz: BADEA) wurde 1975 mit Sitz in Khartum gegründet. Primäre Aufgabe der Bank ist die Förderung der wirtschaftlichen, finanziellen und technischen Zusammenarbeit der Arabischen Liga mit den nichtarabischen Ländern der Afrikanischen Union (AU). Hierzu vergibt die Bank Projektdarlehen und technische Hilfe an Regierungen und Unternehmen in den Empfängerländern.[16]

Weitere Programme sind

  • Arabische Postunion
  • Arabische Union für Telekommunikation
  • Arabisches Institut für Satellitenkommunikation
  • Vereinigung der arabischen Rundfunkstationen
  • Arabische Organisation für Verwaltungswissenschaften
  • Rat für Arabische Wirtschaftseinheit
  • Arabische Bank für Wirtschaftliche Entwicklung in Afrika
  • Arabisches Institut für Erdölförderung
  • Arabische Akademie für Meerestransport
  • Arabische Gesundheitsorganisation
  • Arabische Organisation für Arbeit
  • Arabische Organisation für Erziehung, Kultur und Wissenschaft

Allgemeines

Kennzahlen

Die gegenwärtige wirtschaftliche Situation innerhalb der Arabischen Liga ist geprägt von großem (fossilen) Ressourcenreichtum. Vor allem die enormen Erdöl- und Erdgasvorkommen sind hierbei auffallend. Ca. 45 % des weltweit geförderten Öls stammen aus den Mitgliedsländern der Arabischen Liga, insbesondere der Golfregion. Führend hierin sind Saudi-Arabien (22,7 %), der Irak (9,8 %) und Kuwait (8,9 %).

Ein weiterer bedeutender Wirtschaftsfaktor ist die Tourismusbranche. Urlaubsländer wie Tunesien oder Ägypten zeigen dauerhaft steigende Reisezahlen im Tourismus auf. Ein weiterer unscheinbarer, aber nicht weniger bedeutsamer Industriezweig in der Arabischen Liga ist die Telekommunikationsindustrie. Internationale Global Player sind zum Beispiel Firmen wie Orascom oder Etisalat.

Die wirtschaftliche Zusammenarbeit innerhalb der Arabischen Liga ist insgesamt überschaubar. Dennoch zeigen Projekte wie die „Arab Gas Pipeline“ oder die „GAFTA“ (Greater Arab Free Trade Area), dass ökonomische Abkommen auch zwischen Staaten der Arabischen Liga existieren.

Arbeitslosenquote und Analphabetenrate sind in der Arabischen Liga in den letzten Jahren gesunken und wirtschaftliche Kennzahlen wie z.B. BIP oder BNE sind gestiegen. Der Wohlstand ist jedoch nach wie vor sowohl innerhalb der Bevölkerung als auch zwischen den Mitgliedstaaten sehr ungleich verteilt.

Im Vergleich: Das Bruttonationaleinkommen (BNE) aller 22 Länder der Arabischen Liga (rund 330 Millionen Einwohner) lag 1999 bei 531 Milliarden US-Dollar. 2005 wuchs das BNE auf 747 Milliarden US-Dollar und erreichte 2006 einen Wert von über 1.564 Milliarden US-Dollar. Die größte Volkswirtschaft im arabischen Raum stellt Saudi-Arabien dar.

Nr. Staat BIP (2013,
in Mio. US$)
Nr. Staat BIP pro Kopf1(2013,
in US$)
(Weltrang)
Nr. Staat Entwicklungs-
stand
(2012)
(Weltrang)
Nr. Staat Korruption (2013) (Weltrang)[17]
- Gesamt 2.219.320
01 Saudi-ArabienSaudi-Arabien Saudi-Arabien 718.472 01 KatarKatar Katar 104.655 (2.) 01 KatarKatar Katar 0,834 (36.) 01 Vereinigte Arabische EmirateVereinigte Arabische Emirate Vereinigte Arabische Emirate 69 (26.)
02 Vereinigte Arabische EmirateVereinigte Arabische Emirate Vereinigte Arabische Emirate 389.994 02 KuwaitKuwait Kuwait 47.829 (13.) 02 Vereinigte Arabische EmirateVereinigte Arabische Emirate Vereinigte Arabische Emirate 0,818 (41.) 02 KatarKatar Katar 68 (28.)
03 AgyptenÄgypten Ägypten 262.030 03 Vereinigte Arabische EmirateVereinigte Arabische Emirate Vereinigte Arabische Emirate 43.185 (19.) 03 BahrainBahrain Bahrain 0,796 (48.) 03 BahrainBahrain Bahrain 48 (57.)
04 IrakIrak Irak 221.774 04 OmanOman Oman 25.720 (29.) 04 KuwaitKuwait Kuwait 0,790 (54.) 04 OmanOman Oman 47 (61.)
05 AlgerienAlgerien Algerien 215.723 05 Saudi-ArabienSaudi-Arabien Saudi-Arabien 24.246 (31.) 05 Saudi-ArabienSaudi-Arabien Saudi-Arabien 0,782 (57.) 05 Saudi-ArabienSaudi-Arabien Saudi-Arabien 46 (63.)
06 KatarKatar Katar 199.907 06 BahrainBahrain Bahrain 24.153 (32.) 06 LibyenLibyen Libyen 0,769 (64.) 06 JordanienJordanien Jordanien 45 (66.)
07 KuwaitKuwait Kuwait 186.058 07 LibyenLibyen Libyen 10.864 (65.) 07 LibanonLibanon Libanon 0,745 (72.) 07 KuwaitKuwait Kuwait 43 (69.)
08 MarokkoMarokko Marokko 104.799 08 LibanonLibanon Libanon 10.708 (67.) 08 OmanOman Oman 0,731 (84.) 08 TunesienTunesien Tunesien 41 (77.)
09 OmanOman Oman 81.945 09 IrakIrak Irak 6.377 (88.) 09 AlgerienAlgerien Algerien 0,713 (93.) 09 MarokkoMarokko Marokko 37 (91.)
10 LibyenLibyen Libyen 70.924 10 AlgerienAlgerien Algerien 5.668 (94.) 10 TunesienTunesien Tunesien 0,712 (94.) 10 AlgerienAlgerien Algerien 36 (94.)
11 SudanSudan Sudan 52.498 11 JordanienJordanien Jordanien 5.207 (96.) 11 JordanienJordanien Jordanien 0,700 (100.) DschibutiDschibuti Dschibuti 36 (94.)
12 TunesienTunesien Tunesien 48.379 12 TunesienTunesien Tunesien 4.431 (107.) 12 Flag of Palestine.svg Palästina 0,670 (110.) 12 AgyptenÄgypten Ägypten 32 (114.)
13 LibanonLibanon Libanon 43.493 13 MarokkoMarokko Marokko 3.190 (122.) 13 AgyptenÄgypten Ägypten 0,662 (112.) 13 MauretanienMauretanien Mauretanien 30 (119.)
14 JemenJemen Jemen 40.470 14 AgyptenÄgypten Ägypten 3.114 (125.) 14 SyrienSyrien Syrien 0,648 (116.) 14 KomorenKomoren Komoren 28 (127.)
15 JordanienJordanien Jordanien 34.076 15 DschibutiDschibuti Dschibuti 1.597 (140.) 15 MarokkoMarokko Marokko 0,591 (130.) LibanonLibanon Libanon 28 (127.)
16 BahrainBahrain Bahrain 28.362 16 SudanSudan Sudan 1.527 (143.) 16 IrakIrak Irak 0,590 (131.) 16 JemenJemen Jemen 18 (167.)
17 MauretanienMauretanien Mauretanien 4.183 17 JemenJemen Jemen 1.518 (144.) 17 MauretanienMauretanien Mauretanien 0,467 (155.) 17 SyrienSyrien Syrien 17 (168.)
18 DschibutiDschibuti Dschibuti 1.459 18 MauretanienMauretanien Mauretanien 1.126 (154.) 18 JemenJemen Jemen 0,458 (160.) 18 IrakIrak Irak 16 (171.)
19 KomorenKomoren Komoren 658 19 KomorenKomoren Komoren 928 (159.) 19 DschibutiDschibuti Dschibuti 0,445 (164.) 19 LibyenLibyen Libyen 15 (172.)
SyrienSyrien Syrien (26.442)2 SyrienSyrien Syrien 20 KomorenKomoren Komoren 0,429 (169.) 20 SudanSudan Sudan 11 (174.)
SomaliaSomalia Somalia (4.388)3 SomaliaSomalia Somalia 21 SudanSudan Sudan 0,414 (171.) 21 SomaliaSomalia Somalia 8 (175.)
Flag of Palestine.svg Palästina 4 Flag of Palestine.svg Palästina SomaliaSomalia Somalia Flag of Palestine.svg Palästina

1 Bei den Zahlen des BIP-pro-Kopf sind vor allem in den Erdöl exportierenden Staaten die großen Einkommensunterschiede zu beachten. Bei genauerer Datenlage könnten hierfür Vergleiche der Median- bzw. Quantilwerte nützlich sein.
2,3 Beide Staaten befinden sich in anhaltendem Bürgerkrieg, daher werden nahezu keine statistischen Daten erhoben. Zahlen beziehen sich auf 2009 oder früher und können deshalb nicht verglichen werden.
4 Da das Staatswesen Palästinas nicht vollständig ausgebildet ist, werden teilweise keine Daten erhoben.

Die Arabische Liga im Vergleich

Weiterhin charakteristisch für das Wirtschaftsbild der Arabischen Liga sind vor allem die extremen ökonomischen Unterschiede zwischen den jeweiligen Mitgliedsländern. Vergleicht man beispielsweise das BIP des Staates Saudi Arabien (618.744 Mio.) mit dem BIP des föderalen Staates Komoren (772 Mio.), wird dies sehr deutlich. Auch eine Umrechnung auf das Pro-Kopf-Einkommen macht den fundamentalen Unterschied innerhalb der Bevölkerung deutlich. Das Pro-Kopf-Einkommen in Katar mit 90.149 US$ pro Jahr weicht massiv vom Pro-Kopf-Einkommen in Somalia mit 600 US$ pro Jahr ab. Zum Vergleich: In Europa liegt das Pro-Kopf-Einkommen bei ca. 30.521 US$ im Jahr.

Im Vergleich mit anderen Internationalen Organisation im Stile der Arabischen Liga wirkt die wirtschaftliche Situation in Anbetracht ihrer Größe und ihrer Bevölkerungsdichte ausbaufähig. Zum Vergleich: Das europäische BIP liegt mit 14.712.369 Mio. US$ über dem BIP der Arabischen Liga (2.765.867 Mio. US$). Außerdem liegt das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen innerhalb der Arabischen Liga bei ca. 7.682 US$ pro Jahr. In der EU ist dieser Betrag ca. 4 mal höher.

 

Mitgliedschaften in anderen Bündnissen

Die meisten Mitgliedstaaten sind parallel zur Arabischen Liga Teilnehmer anderer überregionaler Organisationen. Die afrikanischen Länder unter ihnen mit Ausnahme Marokkos sind Mitglieder der Afrikanischen Union, die Maghrebländer wiederum bilden die Union des Arabischen Maghreb. Außer dem Jemen sind alle Staaten der Arabischen Halbinsel im Golf-Kooperationsrat organisiert. Darüber hinaus sind einige Mitglieder OPEC-Staaten.

Golf-Kooperationsrat

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Golf-Kooperationsrat
مجلس التعاون لدول الخليج العربي
Cooperation Council for the Arab States of the Gulf (CCASG)
Persian Gulf Arab States english
Sitz Riad (Saudi-Arabien)
Amtssprache Arabisch
Vorsitzender des Rates A. bin Rashid Al Zayani
Fläche

 – Gesamt

3.199.940 km²
Bevölkerung

 – Gesamt

39.371.307
BIP

 – Gesamt

956 Milliarden US-$
Gründung

 – Als The Gulf Cooperation Council (GCC)

 

25. Mai 1981

Währungen Jeder Staat hat seine eigene Währung.

(Gemeinsame Währung Chalidschi geplant)

TLD-Domain Jeder Staat hat seine eigene Domain
Vorwahl Jeder Staat hat seine eigene Vorwahl

Der Kooperationsrat der Arabischen Staaten des Golfes (englisch Cooperation Council for the Arab States of the Gulf, CCASG) (arabisch ‏مجلس التعاون لدول الخليج العربية‎, DMG Maǧlis at-taʿāwun li-duwal al-ḫalīǧ al-ʿarabiyya), auch als Golf-Kooperationsrat (englisch Gulf Cooperation Council, GCC) bekannt, ist ein Staatenbund, der sechs Staaten der Arabischen Halbinsel umfasst. Er wurde am 25. Mai 1981 in Abu Dhabi durch Kuwait, Bahrain, Saudi-Arabien, Katar, Vereinigte Arabische Emirate und Oman gegründet, um diese Staaten von den Auswirkungen der Islamischen Revolution im Iran im Jahr 1979 und des Ausbruch des Ersten Golfkriegs 1980 abzuschirmen.[1]

Die Organisation strebt die Zusammenarbeit ihrer Mitglieder in der Außen- und Sicherheitspolitik sowie die Förderung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Beziehungen zwischen ihnen an, wozu 1982 im Rahmen des Unified Economic Agreement der Warenverkehr liberalisiert wurde. Für 2005 wurde eine Zollunion beschlossen, die schließlich auf das Jahr 2003 vorgezogen wurde. Bis 2010 war die Einführung einer gemeinsamen Währung vorgesehen. Unterschiedliche politische Ziele und eine Reihe trennender Fragen behindern jedoch die Integrationsbemühungen.

Die Mitglieder sind zu gegenseitigem Beistand im Verteidigungsfall verpflichtet. Der GCC unterhält eine gemeinsame Verteidigungstruppe, die allerdings nur 5.000 Mann umfasst. Der GCC kooperierte eng mit den Vereinigten Staaten, um gegen den Iran geschützt zu sein.

Für die Europäische Union ist die GCC-Region von strategischer Bedeutung. Der GCC ist der wichtigste Handelspartner der Union in der arabischen Welt. Auf ihn entfallen etwa die Hälfte des gesamten Handels mit den arabischen Staaten und etwa 4 Prozent der Gesamtausfuhr der Europäischen Union in Drittländer.

Waffenexporte Deutschlands in Länder des GCC hatten 2012 einen Wert von 1,42 Milliarden Euro (2011: 570 Millionen Euro). [2]

Mitglieder

Land Hauptstadt Einwohner Fläche
(km²)
BIP
(Mio. USD)
Währung
BahrainBahrain Bahrain Manama 1.046.814 716 15.354 Bahrain-Dinar
KatarKatar Katar Doha 1.699.435 11.437 173.800 Katar-Riyal
KuwaitKuwait Kuwait Kuwait-Stadt 2.460.000 17.818 95.924 Kuwait-Dinar
OmanOman Oman Maskat 2.534.000 309.500 35.990 Omani Rial
Saudi-ArabienSaudi-Arabien Saudi-Arabien Riad 26.417.599 2.240.000 572.200 Saudi-Rial
Vereinigte Arabische EmirateVereinigte Arabische Emirate Vereinigte Arabische Emirate Abu Dhabi 4.588.697 83.600 163.296 VAE-Dirham
Mitgliedschaft beantragt:
JemenJemen Jemen Sanaa 25.408.000 536.869 20.040 Jemen-Rial
JordanienJordanien Jordanien Amman 6.343.000 89.342 16.011 Jordanischer Dinar
MarokkoMarokko Marokko Rabat 31.627.428 446.550 73.429 Marokkanischer Dirham

 

Organe

Der Sitz der Organisation ist in Riad. Als oberstes Gremium der Organisation tagt zweimal jährlich der Oberste Rat (Supreme Council), in dem die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten vertreten sind. Darüber hinaus gibt es ein Komitee zur wirtschaftlichen Kooperation (Economic Cooperation Committee), in dem sich regelmäßig die Finanzminister der Mitgliedstaaten treffen.

Zur Vorbereitung der Währungsunion wurde ein Komitee der monetären Behörden und der Zentralbank-Gouverneure (Committee of Monetary Agencies and Central Bank Governors) gebildet, in dem aktuelle Fragen der Geld- und Währungspolitik diskutiert werden.

Währungsunion

Die Zielsetzung, bis 2010 eine Währungsunion zu errichten,[3] war eingebettet in einen allgemeinen ökonomischen Integrationsprozess. Erstmals wurde dieses Ziel 1982 formuliert, doch erst im Jahr 2000 ermächtigte der Oberste Rat das Geldkomitee und die Gruppe der Finanzminister, einen Zeitplan für die Einführung einer gemeinsamen Währung zu erarbeiten.

Im Frühjahr 2001 setzten die beiden letztgenannten Organe eine Arbeitsgruppe ein, die die Anforderungen zur Gründung einer Währungsunion ausarbeiten sollte. Erste Ergebnisse wurden beim Treffen der Staats- und Regierungschefs in Muskat (Dezember 2001) präsentiert. Der Oberste Rat einigte sich dort auf folgendes Vorgehen:

  1. Bis Ende 2002 sollten alle nationalen Währungen an den US-Dollar gekoppelt sein.
  2. Bis Ende 2005 soll sich das Monetäre Komitee mit den Finanzministern auf Konvergenzkriterien zum Beitritt eines Mitgliedstaates zur Währungsunion einigen.
  3. Zwischen 2005 und 2010 sollen die Kriterien von den beitrittswilligen Staaten erfüllt werden.
  4. Zum Jahreswechsel 2009/2010 sollte die neue Währung eingeführt werden.

Verglichen mit anderen monetären Integrationsbemühungen ist das Vorhaben des GCC das ambitionierteste und am weitesten fortgeschrittene. Die Aussichten für die Währungsunion erschienen bislang gut - sowohl reale als auch monetäre Konvergenz sind weit fortgeschritten und im Gegensatz zu anderen Integrationsräumen (beispielsweise dem Mercosur) wurden die gesteckten Ziele bisher auch erreicht.

Allerdings hatte Oman in Dezember 2006 erklärt, dass es der Währungsunion noch nicht im Jahre 2010 beitreten werde. Im Jahr 2007 hatte Kuwait seine Währung vom US-Dollar entkoppelt und koppelte sie seither an einen Währungskorb. In anderen Mitgliedstaaten wird ein solcher Schritt mitunter auch erwogen, insbesondere wegen des im Jahr 2007 bis Sommer 2008 zu beobachtenden Verfalls des Wechselkurses des US-Dollar. Bislang hat aber kein anderer Mitgliedstaat den Schritt Kuwaits nachvollzogen. Auch der Zentralbankpräsident der VAE soll sich dahingehend geäußert haben, dass er mit einer Währungsunion erst gegen 2015 rechnet. Einen erheblichen Rückschlag hatte das Projekt im Mai 2009 durch den Ausstieg der VAE erhalten. Dieser erfolgte kurz nachdem beschlossen worden war, dass die GCC-Zentralbank in Riad angesiedelt werden soll. Die VAE vertraten die Ansicht, einen Anspruch darauf zu haben, dass die Zentralbank in ihrem Land angesiedelt wird, weil sie als erstes Land angeboten hatten, sie zu beherbergen und weil sich bislang noch keine GCC-Verwaltungseinheit in den VAE befindet.

Gemessen an seiner wirtschaftlichen Bedeutung wäre der Golf-Währungsraum die zweitbedeutendste supranationale Währungsintegration nach dem Euroraum.

Einführung

Am 1. Dezember 2013 wurde überraschend die Einführung der Gemeinschaftswährung ab Ende Dezember angekündigt. Die gemeinsame Währung von Bahrain, Kuwait, Katar und Saudi-Arabien wird an den US-Dollar gekoppelt sein. Oman und die VAE werden diesen Schritt zu diesem Zeitpunkt noch nicht mitmachen.[4]

Am 3. Dezember wurde die Pressemeldung vom Gulf Monetary Council widerrufen

 

Patentübereinkommen

Der Golf-Kooperationsrat ratifizierte während seiner 13. Sitzung am 21. und 22. September 1992 das GCC Patentübereinkommen und gründete das regionale Patentamt GCC Patent Office mit Sitz in Riad, Saudi-Arabien. Am 3. Oktober 1998 gingen dort die ersten Patentanmeldungen ein. Ein nach dem GCC-Patentübereinkommen erteiltes Patent ist in allen Mitgliedsstaaten sofort gültig.[6]